Nittenau
01.06.2018 - 16:10 Uhr

Berauscht vom Kreativ-Brauen

Würze und Aromen verströmen ihren Duft - im übertragenen Sinn. Wenn Sebastian Jakob Bier charakterisiert, klingt es als würden Grand Cru-Weine zur Prämierung anstehen. Und der Zuhörer auf gut oberpfälzisch gesagt "an Wahnsinnsglust".

Im Brauereiverkauf sind alle Produkte vorrätig. Gerhard Götz
Im Brauereiverkauf sind alle Produkte vorrätig.

Nittenau. (ihl) Das Brauhaus Nittenau, entstanden aus einem Kommunbrauhaus, ist ein kleines, aber feines Familienunternehmen. Der Werksverkauf funktioniert. Bisher eher lokal bekannt, hat der 33-jährige Sebastian Jakob der Brauerei mit seinen ausgefeilten Kreativbieren einen über die Region hinausgehenden Bekanntheitsgrad verschafft. Natürlich werden auch diese Getränke nach dem Reinheitsgebot mit Wasser, Gerste, Hopfen und Hefe gebraut, aber es gibt weltweit die unterschiedlichsten Hopfensorten - gerade boomt australischer Hopfen - und auch Malz ist eben nicht gleich Malz, ganz zu schweigen von den Bierhefestämmen.

Amanda zum Beispiel, ein Zwickl-Pils mit einer intensiven frischen Hopfennote, wirkt anders auf die Geschmacksnerven als der Doldenzwerg, ein bayerisches Pale Ale. Amanda, das untergärige Bier aus zwei Hopfensorten, wird gerade eingemaischt. Wasser und Malz strömen in den Edelstahlkessel. Dieses Malz- und Wassergemisch wird nach Zugabe von Hopfen und Hefe sowie entsprechender Lagerung im Gärkeller nach acht bis 9 Wochen in 0,33-Liter-Flaschen abgefüllt. Amanda heißt es angeblich in Anlehnung an eine Hotelangestellte in Regensburg.

Jakob zufolge entstand das Bier in Zusammenarbeit mit einer italienischen Brauerei. In Nittenau entwickeln vier Leute die neuen Biersorten. Das erste dieser Art heißt Doldenzwerg. Hier unterstreichen unter anderem "die weichen Karamellmalznoten den leicht süßlichen Körper." Zunächst wird jeweils ein Versuchssud gemacht. Danach erfolgt die Feinjustierung wie etwa die Zugabe anderer Malzsubstanzen oder anderer Hefe. Völlig danebengegangen ist laut Sebastian Jakob noch keine Probe. Es mischen auch nur Leute mit, die vom Fach etwas verstehen. Ist ein Rezept konzipiert, braut vor allem der Computer, natürlich erst, wenn er die Zutaten, deren Menge und das Brauverfahren genau kennt.

Steigender Markt

Das Brauhaus hat sechs traditionelle Biere, vom Hellen über Pils bis zum Dunklen, im Angebot, dazu kommen fünf Standard-Kreativbiersorten und vier saisonale oder Neu-Kreationen. Mit einem Sud werden 2000 Liter gebraut. Der Tagesausstoß liegt zwischen 6000 und 8000 Litern. "Das Sudhaus ist automatisiert, aber jedes Rezept ist individuell", erklärt Geschäftsführer Sebastian Jakob. Vor fünf Jahren hat er mit dem Kreativ-Brauen begonnen, und inzwischen geht ein Großteil des Ausstoßes auf dieses Konto und auch in den Export. "Der Markt steigt ständig und diese Biere werden nicht nur von jungen Leuten getrunken."

Jakob brennt für Craftbiere und das aus mehreren Gründen. Sie böten gerade kleinen Brauereien einen Riesenvorteil, weil diese schneller und flexibler reagieren können. "Der Verbraucher ist auch bereit, dafür mehr zu zahlen." Den Ruf dieses Getränkes sieht er dank dieser Entwicklung wiederhergestellt. "Bier wird nicht mehr verramscht." Vielmehr sei es in die Feinschmeckerwelt eingedrungen und werde wieder wertgeschätzt. Der 33-Jährige könnte es sich einfach machen, denn nur Standardbiere würden die Produktion erleichtern, doch das will er nicht.

Es macht Spaß

Drei bis vier Monate Vorlauf braucht eine neue Sorte bis zur Marktreife. Die Entwicklung kostet nicht nur viel Arbeitszeit, sondern auch Geld. Das steckt auch im Design der Etiketten oder in der Werbung. Die klingenden Namen fallen dem Team fast schon beiläufig ein. Derzeit ist der Brauereichef in der Produktion eingespannt. Unter anderem wurde in neue Tanks investiert, weshalb die Bierideen jetzt hinten anstehen müssen, obwohl diese "Spezialsachen einfach Spaß machen". "An Glust" auf Neues hat er schon wieder.

Wir arbeiten mit sehr viel verschiedenen Malzen, sehr viel verschiedenen Hefen und Hopfen.

Sebastian Jakob

Info:

Kein schlechtes Bier

Nach seinem Lieblingsbier gefragt, tut sich Sebastian Jakob schwer. "Ich stehe zu jedem meiner Biere." Welche Sorte er trinkt, hängt beispielsweise vom Essen ab. Er mag ein klassisches bayerisches Helles genauso gerne wie ein Pale Ale (PA). "Wenn ich abends länger ausgehe, fange ich nicht gleich mit einem Pale Ale an." PA und Indian Pale Ale (IPA) seien wieder modern geworden, wobei IPA die stärkere und bittere Variante des PA ist. "Es ist ein geschmacklich intensives Bier mit wahnsinnig schönen Hopfennoten", schwärmt der Diplombraumeister. Für den Nittenauer gibt es kein schlechtes Bier, und er meint damit, keine Biersorte, die er nicht mag. (ihl)

Info:

Etiketten-Geschichten

Nicht allein der Inhalt der Craftbiere ist besonders, auch die Etiketten sind es wert, genauer betrachtet zu werden – besonders die Rückseiten. Sie erzählen Geschichten. Beim kaltgehopften Lager „Uncle Sam“ zum Beispiel, das Teil der Hopfenkreuzfahrt ist. Hier kehrt der Weltenbummler mit Hopfen aus England, den USA, Australien und der Hallertau nach Nittenau zurück. Die Geschichte des Franzosen Jean-Pierre steht auf der Rückseite von „le chauffeur“ einem alkoholfreien Indian Pale Ale. Der leidenschaftliche Biertrinker und Hobbybrauer chauffiert eines Tages die Biologin Heidi Huber nach Paris. „Zum Abschied bekam Jean Pierre von seinem Passagier ein kleines Fläschchen eines geheimen Bierhefestammes geschenkt. Mit diesem schaffte er es ein einzigartig leckeres alkoholfreies Bier zu brauen. Es schlug die Geburtsstunde des FreIPAs“. Der Chauffeur verkauft sich aus der Reihe der Nittenauer Kreativbiere sehr gut. (ihl)

 
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