Regensburg
15.07.2021 - 17:43 Uhr

Gebürtige Weidener wegen Kindesmisshandlung vor Gericht

Ein 28-Jähriger aus Eining (Neustadt a.D.) soll vergangenen Herbst seine beiden neugeborenen Söhne brutal misshandelt haben. Einer der Zwillinge wird wohl bleibende Schäden davontragen. Der Angeklagte hat Wurzeln in Weiden.

Über seinen Rechtsanwalt Philipp Janson, ließ der gebürtige Weidener erklären, dass er sich vorläufig zur Anklage nicht äußern werde. Bild: mb
Über seinen Rechtsanwalt Philipp Janson, ließ der gebürtige Weidener erklären, dass er sich vorläufig zur Anklage nicht äußern werde.

Es ist gegen 2 Uhr in der Nacht zum 3. Oktober, als der Angeklagte laut Ausführungen einer Kinderärztin in die St. Hedwigs Klinik in Regensburg kommt. Sein erst wenige Monate alter Sohn habe zuvor die Flasche verweigert und nicht mehr aufgehört zu schreien, gibt der Vater damals an. Außerdem habe sich eine wunde Stelle deutlich verfärbt. „Für uns war damals sofort klar, dass das ein Handabdruck ist“, erklärt die Ärztin am Dienstag der 8. Strafkammer. Deutlich hätten sich die Finger auf dem Gesicht und der linken Körperseite abgezeichnet.

Der Schilderung des Mannes, der aus Weiden stammt, wollte sie damals keinen Glauben schenken. Der hatte nämlich erklärt, er sei mit dem Baby im Arm am Mittag zuvor über eine Teppichkante gestolpert. Im Fallen habe er noch schützend seine Hand zwischen den Kopf des Säuglings und den Boden gezogen. So sei der Handabdruck entstanden. „Geglaubt habe ich das zu keinem Zeitpunkt.“ Stutzig machten die Medizinerin damals auch die Blutgaswerte. Die hätten auf eine deutliche Unterversorgung hingewiesen. Dass der Vater dem Kind noch am Abend eine Flasche gegeben haben will, bezweifelte sie deshalb.

„Der war völlig durch und vom Kopf her gefühlt überhaupt nicht anwesend“, beschreibt die Ärztin den Zustand des Säuglings. Dessen „angsterfüllte Kinderaugen“ werde sie zudem nicht wieder vergessen. Seltsam sei ihr auch das Verhalten der Mutter vorgekommen. Auf die Frage, was denn passiert sei, habe die eher gleichgültig reagiert: „Ich weiß es nicht, ich war nicht daheim. Da müssen Sie meinen Mann fragen.“

Wie am Dienstag zu Prozessbeginn bekannt wurde, wurde wohl auch gegen die Mutter zunächst ermittelt. Offenbar stand der Verdacht eines gewalttätigen Familienumfeldes im Raum. Worauf genau sich dieser Verdacht stützte ist bisher nicht bekannt. Der 28-jährige Angeklagte hingegen muss sich wegen mehrfacher Misshandlung seiner beiden Söhne verantworten. Bereits wenige Wochen nach deren Geburt sei der in mehreren Fällen gewalttätig geworden. Unter anderem soll er seine Kinder so geschlagen und geschüttelt haben, dass sie Knochenbrüche und innere Verletzungen erlitten.

Trauriger Höhepunkt sei dann der 2. Oktober gewesen. Der gelernte Maurer habe entgegen seinen Angaben in der Klinik den Sohn vielmehr mit der Hand geschlagen und heftig geschüttelt, ist Staatsanwalt Wolfgang Voit überzeugt. Eine Hirnblutung und epileptische Anfälle seien die Folge gewesen und hätten eine Sehstörung hervorgerufen. Es sei auch fraglich ob der knapp ein Jahr alte Bub aufgrund einer körperlichen Folgebeeinträchtigung jemals wird laufen können.

Ob die vom Gericht angesetzten sieben Verhandlungstage bis Ende August ausreichen werden, hängt auch davon ab, ob ein kurzfristig in Auftrag gegebenes weiteres ärztliches Gutachten rechtzeitig fertig wird. Ein Facharzt soll hierin die radiologischen Befunde darlegen und erklären. Zwei weitere Sachverständige, darunter der Kinderarzt der Familie, werden daran anschließend genauer darauf eingehen, ob die Befunde mit der Erzählung des Angeklagten in Einklang zu bringen sind oder nicht.

Die Familie der Kindsmutter war zum Prozessauftakt im Sitzungssaal anwesend und begleitete die Ausführungen der Ärztin und deren Kollegen gegenüber Richter Oliver Wagner teils mit skeptischen Anmerkungen. Das Verfahren wird am 3. August fortgesetzt werden.

Hintergrund:

Misshandlung von Schutzbefohlenen

  • Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die
  • seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
  • seinem Hausstand angehört,
  • von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden ist oder
  • ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
  • quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
OnetzPlus
Oberpfalz11.07.2021
 
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