Warum ein Dönerladen in Sulzbach keinen Döner mehr verkauft

Sulzbach-Rosenberg
03.06.2022 - 15:10 Uhr
OnetzPlus

Staunen in Sulzbach-Rosenberg: Der Imbiss-Laden "Pizza Avanti" ist bekannt und beliebt für seine Döner – doch sämtliche Dönergerichte wurden gestrichen. Grund: zu hohe Einkaufspreise. Was dahinter steckt, und wie die Konkurrenz reagiert.

Manchen treibt es das Schmunzeln ins Gesicht. Andere schütteln verwundert den Kopf. Der Hinweis-Zettel an der Eingangstür von „Pizza Avanti“ in der Sulzbacher Altstadt löst bei Passanten und Kunden Irritationen aus. „Liebe Gäste, aufgrund weiterhin steigender Lebensmittelpreise sehen wir uns leider dazu gezwungen, den Verkauf von Dönergerichten ab sofort einzustellen“, steht dort. Zum Abschluss wird noch um Verständnis gebeten.

Die Notiz hat Gjem Meta geschrieben, der Inhaber des Schnellrestaurants mit eigenem Lieferservice. Wie kann es sein, dass der 56-Jährige keinen Döner mehr anbietet, weil das Fleisch so teuer sei, die Konkurrenz aber verkauft munter weiter? Direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist das Halikarnas Döner Haus angesiedelt, auch Lo Kanta (beim Kaufland) und Imbiss Fatos in Rosenberg haben Döner nach wie vor im Angebot. Oberpfalz-Medien hat nachgehakt.

Kebab für 7,50 Euro nicht machbar

„Die Preise für Putenfleisch haben sich verdoppelt, ich arbeite nur noch für den Lieferanten“, sagt Meta klagevoll. 40 Kilo wiegt ein Dönerspieß aus Putenfleisch, bislang hat er meistens einen davon pro Tag verkauft. Doch der Kilopreis sei explodiert. „Für einen Spieß habe ich noch letztes Jahr 230 Euro gezahlt, jetzt sind es 600“, berichtet der Imbiss-Chef. Lange kostete der Döner 5 Euro, zuletzt berechnete Meta bereits 6 Euro. Weiter hoch will er nicht. Er verkauft nun keinen Kebab mehr, weil er dafür, wenn er selbst noch Gewinn machen möchte, in seinen Augen so unverhältnismäßig viel verlangen müsste, dass er das den Kunden nicht zumuten will.

„Viele kommen auf mich zu und sagen: ‚Verlang’ halt 7,50 Euro.‘ Aber wie soll ich das machen? Mittags kommen die Schüler, die haben, weil sie es von früher gewöhnt sind, noch den 5-Euro-Schein in der Hand. Da habe ich aus Mitleid den Döner für 5 Euro hergegeben, obwohl er bereits 6 gekostet hat.“ Und weiter: „Ab 7,50 Euro wäre der Döner für mich rentabel. Aber das kauft keiner mehr. Mir tut das selbst im Herzen weh, aber es macht keinen Sinn mehr.“ Meta hat selbst Frau und fünf Kinder. „Würde ich mit der Familie essen gehen, ich könnte mir das auch nicht mehr leisten, da schmiere ich lieber ein Brötchen mit Butter.“ Weil es bei „Pizza Avanti“ nun kein Dönerfleisch mehr gibt, sind insgesamt zehn Gerichte von der Speisekarte gestrichen worden.

Zehn Gerichte fallen weg

Dazu zählen der Dönerteller (mit Pommes und Salat, zuletzt von 9,90 auf 11,90 Euro erhöht), der Dürüm-Döner, die Döner-Box („die war bei Schülern immer richtig beliebt“), Rigatoni al Forno mit Dönerfleisch, Pizza Gyros und Gyros-Salat. Meta macht nun zwar deutlich weniger Umsatz, hat aber auch weniger Einkaufskosten. Neben dem Fleisch spart er auch beim Salat. „Ich habe immer sehr viel Eisbergsalat gebraucht, pro Woche bis zu 15 Kisten, jetzt sind es nur noch 1 bis 2.“ Meta hat auch drei Mitarbeiter entlassen. „Ich hab’ sie nicht mehr bezahlen können. Das waren erfahrene Leute, wir hatten Spaß im Team, jetzt stehe ich oft allein hinter der Theke.“

Der Imbiss-Chef weiß, dass er nicht allein unter dem Preisdruck leidet. Neulich habe einer seiner Stammkunden nach einem Aushilfsjob bei ihm gefragt. „Der wollte Pizza-Fahrer werden. Er hat gesagt, er hat eine Frau und zwei Kinder, und er verdient 2200 Euro netto im Monat. Das ist eigentlich viel Geld. Aber schon am zweiten Tag im Monat, wenn alle Rechnungen beglichen sind, bleiben davon nur noch 300 Euro übrig. Wie soll sich der noch einen Döner leisten?“ Meta selbst habe ihm auch absagen müssen – er kann sich keinen zusätzlichen Fahrer leisten.

Profitiert die Konkurrenz?

Und was machen die Avanti-Kunden? Die werden nun zur Konkurrenz getrieben, müsste man meinen. „Dass die anderen Döner-Läden jetzt mehr Geschäft machen, muss ich in Kauf nehmen, ich kann es nicht ändern“, sagt Meta. Viele Kunden seien überrascht, dass es den Drehspieß nicht mehr gibt. „Ich sage ihnen offen, geht über die Straße, da ist der Halikarnas, da gibt es noch Döner. Aber viele, und das wundert mich auch, bleiben da und bestellen dann was anderes, zum Beispiel Nudeln oder Pizza.“

Dass nun mehr Kunden zu ihm kommen, das kann auch Hassan Kabayel nicht bestätigen. Für den Betreiber von „Lo Kanta“ am Kaufland kommt es nicht infrage, auf den Döner zu verzichten – trotz Einkaufspreise in nie gekannter Höhe. „Der Döner ist mein Hauptgeschäft, davon ernähre ich meine Familie.“ 5 Euro verlangt Kabayel aktuell. Jedoch nicht mehr lange: „Ich muss in Kürze auf 5,50 Euro erhöhen, keine Chance.“ Noch sei der Verkauf rentabel, aber: „Meine Gewinnmarge ist natürlich geringer geworden.“ Auch Halikarnas verkauft weiter Döner, genauso wie Fatos, hier müssen für den Drehspieß noch fünf Euro bezahlt werden. Angesichts der allgemeinen Preissteigerungen mutet das fast schon günstig an.

„Dumme Entscheidung“

Doch nicht alle Gastronomen sind der Meinung, dass Gjem Meta mit dem Verzicht von Dönergerichten richtig fährt. Ein Imbiss-Betreiber, der anonym bleiben will, spricht offene Worte: „Meiner Meinung nach ist das eine dumme Entscheidung. 'Pizza Avanti' verkauft ja auch noch Pizza, Pommes und anderes, und er hat einen Lieferservice. Wer sich beispielsweise drei Pizzen nach Hause bestellt und einen Döner, und dann gibt es plötzlich den Döner nicht mehr, dann wechseln die Leute komplett und geben die Bestellung woanders auf.“

Gjem Meta jedenfalls hat seinen Kebab noch nicht endgültig aufgegeben. „Ich hoffe, dass ich den Döner im August oder September wieder anbieten kann." Doch im gleichen Atemzug relativiert er seine Aussage. Dass die Inflation bald zurückgeht, hält der 56-Jährige für unwahrscheinlich. „Was einmal teuer ist, bleibt teuer. Das ist beim Fleisch genauso wie beim Sprit.“

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Sulzbach-Rosenberg03.06.2022
 
 

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