Die Zahl katholischer Priester in Deutschland ist in den vergangenen 30 Jahren von rund 25 000 auf etwa 13 000 gesunken. Dem daraus resultierenden Mangel versucht die Kirche mit Geistlichen aus Polen, Afrika oder Indien zu begegnen. Rund 600 arbeiten derzeit in bayerischen Pfarreien. Einer von ihnen ist Saju Thomas (53). Er kam aus seiner Heimat Kerala in Südindien über Wien nach Sulzbach-Rosenberg und ist seit dem Herbst 2006 Pfarrer von Herz Jesu in Rosenberg.
Den Wunsch, Priester zu werden, spürte der Sohn einer Bauernfamilie schon sehr früh. Als Zwölfjähriger hörte er einem Missionar zu, der von seiner Arbeit berichtete. „Eine Herausforderung, die auch ich annehmen wollte“, blickt Saju Thomas auf seinen damaligen Entschluss zurück. Die Eltern stimmten zu, aber: „Mach nichts Halbes“, sagte der Vater, denn es wurde damals nicht gern gesehen, wenn einer sein Vorhaben abbrach.
Was folgte, waren 13 Jahre der Ausbildung. Saju Thomas trat in die Ordensgemeinschaft Indian Missionary Society (IMS) ein mit dem Ziel, Priester zu werden. Er lernte Englisch und Hindi zusammen mit Schülern aus allen Sprachbereichen Indiens, war fleißig und schrieb gute Noten, litt aber auch unter Heimweh. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie wurde er 1996 in Kerala zum Priester geweiht; war seinem Ziel, ein Missionar aus ganzem Herzen zu sein, näher gekommen. „2020 hätte nach 25 Jahren das Jubiläumsjahr meiner Priesterweihe begonnen, ist aber der Pandemie zum Opfer gefallen“, bedauert er, hofft aber auf wenigstens einen feierlichen Abschlussgottesdienst am 18. April.
Nach einigen Jahren als Kaplan und Pfarrer in Indien kam Saju Thomas nach Europa. Von 2001 bis 2005 schloss er an der Universität in Wien seine Studien ab und betreute eine katholische indische Gemeinde. Dann führte ihn sein weiterer Lebensweg nach Bayern. Seine Vertretung in der Pfarrgemeinde Herz Jesu in Rosenberg sollte nur vorübergehend sein, doch dann bat der Pfarrgemeinderat bei der Diözese darum, ihn behalten zu dürfen. „Seit September 2006 bin ich nun Pfarrer in Rosenberg, wurde offen und freundlich angenommen, habe viele Freunde gefunden.“ Die anfänglichen Dialektschwierigkeiten sind längst behoben. Heute weiß Pfarrer Saju , dass ein „Bou“ nicht ein Baum, sondern der Sohn eines Gesprächspartners ist und „koi Leit“ nichts mit den Chor-Leuten, sondern fehlenden Besuchern zu tun hat. Und das Essen? „Alles, was serviert wird, esse ich“, versichert er, „ganz gern auch Knödel und Schweinebraten.“
Seine priesterliche Arbeit macht dem Seelsorger Freude, wenngleich sie nicht immer leicht ist. „Ich will vor allem Menschen zurückholen in die Kirche“, beschreibt er seine Hauptaufgabe. Auch seine Gemeinde sei von acht bis zehn Kirchenaustritten im Jahr betroffen, sagt er, aber: „Einige kommen auch wieder zurück, weil sie etwas vermissen in ihrem Leben.“
Er ist bemüht, den Gottesdienst interessant zu gestalten, insbesondere zu besonderen Anlässen, lädt in „normalen“ Zeiten zu Bibelkreisen ein und überträgt seit der Corona-Pandemie die Sonntagsmesse regelmäßig ins Internet. Er sucht den Dialog mit anderen Religionen und zelebriert auch zwischendurch einen Gottesdienst im indischen Ritus. Im Jahr 2013 war Saju Thomas als Reiseleiter mit einer Besuchergruppe in Indien, stellte ihr seine Heimat und auch seine Familie vor.
Eine andere Reise wurde zu einer besonderen Herausforderung für den Priester. Während er Anfang des Jahres einen Heimaturlaub in Kerala bei seiner Familie verbrachte, suchte die Corona-Pandemie auch Indien heim. Eine Ausreise war nicht mehr möglich. Fünf Monate lang blieb Saju Thomas räumlich von seiner Pfarrgemeinde getrennt, aber auf elektronischem Weg mit ihr verbunden. „Freiheit hat in den Zeiten von Corona eine neue Bedeutung gewonnen“, schrieb er ihr, „plötzlich hatten wir viel Zeit, uns mit uns selber und dem Sinn des Lebens zu beschäftigen“. Für ihn galt außerdem: So lange Zeit mit seiner Familie verbringen zu können, war auch ein seltenes und sehr befriedigendes Erlebnis.
Ich will vor allem Menschen zurückholen in die Kirche. Einige kommen auch wieder zurück, weil sie etwas vermissen in ihrem Leben.
Aktuelle Coronazahlen in Indien
- Fälle insgesamt: 10,72 Millionen. Damit steht Indien hinter den USA und Brasilien an dritter Stelle weltweit.
- Todesfälle: 154 010
- Impfaktion: Gestartet am 17. Januar. In sechs bis acht Monaten sollen 300 Millionen Menschen mit dem Serum von Astra-Zeneca geimpft werden; das wären ein Viertel der 1,3 Milliarden Einwohner Indiens.
- Die touristische Einreise ist derzeit verboten.
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