Seilrollen, Schmierstellen, Hammerzug und Umlenkungen: Wer mit diesen Begriffen auf Anhieb nichts anfangen kann, ist nicht allein. Für Erhard Pritschat aber ist die Mechanik jahrzehntealter Uhrwerke tägliches Handwerk. Seit 1989 arbeitet der Feinmechaniker bei der Regensburger Uhrenfirma Georg Rauscher. Von dort stammt auch die Turmuhr, die seit 1958 in der Sulzbach-Rosenberger Christuskirche verbaut ist. Im Uhrenzimmer, in rund 40 Metern Höhe, brachte Erhard Pritschat am Montag das Uhrwerk wieder zum Laufen.
Dem hatte zuvor Kirchner Klaus Rösel einen Zwangsstillstand verpasst, damit am evangelischen Kirchturm nicht ständig die falsche Zeit angezeigt wird. Seit Mitte März ging die Uhr nämlich zwischen 5 und 30 Minuten nach, und das war auch an den vier Ziffernblättern weithin zu sehen.
Seilrollen haben blockiert
„Vom Uhrwerk im Uhrenzimmer führen Stahlseile über Seilrollen den Kirchturm nach oben zu den Glocken und dem Ziffernblatt mit den Zeigern“, erklärt Pritschat. Den Grund für die falsche Zeitangabe hatte der Fachmann schnell entdeckt: „Die Umlenkrollen sind hängen geblieben, sie haben blockiert“, benennt er die Ursache.
Das sei wohl auf die Kälte im Winter zurückzuführen. Denn während das Uhrwerk im Turmzimmer unter der Aussichtsplattform steht, sind die Seile und Umlenkrollen oberhalb der Plattform Wind und Wetter ausgesetzt. „Die Kälte lässt das Schmierfett zäh werden, die Mechanik, das Schlagwerk, das geht alles langsamer. Im Winter kann man hören, dass die Glockenschläge langsamer aufeinander folgen“, sagt Kirchner Rösel. Feinmechaniker Pritschat hat über mehrere Stunden hinweg alle Rollen und Seile frisch geschmiert und den sowieso fälligen Kundenservice gemacht – nun läuft das neu justierte Uhrwerk wieder rund.
Unikat aus Gusseisen
Moderne Uhren hätten heutzutage kleine Elektromotoren. Die 65 Jahre alte Turmuhr der Christuskirche aber wird noch mechanisch angetrieben. „Die Technik ist eigentlich unkaputtbar, man muss sie nur warten. Diese Uhr läuft auch in über 100 Jahren noch“, sagt der Fachmann. Doch gebaut würden mechanische Uhren heute nicht mehr. „Es ist wie überall, es geht ums Geld. Diese Uhr“, sagt er über jene der Christuskirche, „ist ein Unikat, sie ist aus Gusseisen und wiegt mehrere Hundert Kilo, das bezahlt heute keiner mehr.“
Für den 58-jährigen Feinmechaniker war die Instandsetzung in Sulzbach-Rosenberg eine Routine-Aufgabe. „Ich bin jeden Tag auf einem anderen Kirchturm, ich kenne einen Großteil der bayerischen Kirchtürme von innen.“
Morsche Holztreppen im Turm
Oft sei der Job auch körperlich anstrengend. Denn nicht immer gelange er so einfach zum Uhrwerk wie in der vergleichsweise noch recht jungen Christuskirche mit ihrem breiten Beton-Treppenaufgang. „Alte Kirchen haben meist enge Holztreppen, dann sind schon manche Stufen morsch oder weggebrochen. St. Marien in Sulzbach zum Beispiel kenne ich auch. Da gibt es nur einen engen Wendeltreppenaufgang.“
Doch Zeit, sich darüber groß Gedanken zu machen, hat Pritschat nicht. „Ich muss jetzt weiter nach Krickelsdorf. In der Kapelle dort gehen zwei Glocken nicht gescheit.“
Abwehrmaßnahmen: Tauben in Christuskirche kein Problem mehr
- In der Sulzbach-Rosenberger Innenstadt gibt es seit Jahren Probleme mit verwilderten Haustauben (Kot, Federn, Lärm, illegales Füttern). Für mehr Infos siehe Link/Artikelverweis unten.
- Die Christuskirche hatte früher auch ein Taubenproblem: Der Austritt (Aussichtsplattform) hat vier offene Wölbungen im Turmgemäuer, Tauben konnten hineinfliegen und dort nisten: Dicke Kotschichten am Boden, kiloweise Federn, Nester und Staubdreck waren die Folge.
- Feinmechaniker Pritschat: "Früher hat es mich gegraust, hierherzukommen. Alles war voller Kacke, man musste aufpassen, nicht in Taubeneier zu treten."
- 2017 hat Kirchner Rösel mit Schutzanzug und FFP2-Maske kübelweise den Kot entsorgt, den Austritt gereinigt und Taubenschutznetze angebracht. Mittlerweile ist die Kirche sauber, die Tauben sind seitdem (zumindest aus der Kirche) verschwunden.
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