Ursensollen
01.02.2019 - 10:49 Uhr

Josef Meier war ein ganz ein Eiserner

Hans Meier hat ein Blick genügt, um die Dreschmaschine auf dem Foto zu erkennen: "Die hat meinem Vater gehört, das weiß ich Hundertprozentig." Damit setzt sich eine Geschichte von alten Fotografien fort, von denen eine zur anderen führt.

Dieses Bild hängt im Meier’schen Anwesen in Stockau. Gemalt hat es der Künstler nach einer Fotografie. Es zeigt Josef Meier mit seiner zweiten Dreschmaschine und einen vorgehängten Schlepper auf dem Weg zur Arbeit. Bei Glatteis wurden die Eisenreifen der Maschine zum Problem. Repro: Petra Hartl
Dieses Bild hängt im Meier’schen Anwesen in Stockau. Gemalt hat es der Künstler nach einer Fotografie. Es zeigt Josef Meier mit seiner zweiten Dreschmaschine und einen vorgehängten Schlepper auf dem Weg zur Arbeit. Bei Glatteis wurden die Eisenreifen der Maschine zum Problem.

Hans Meier sitzt nach getaner Morgenarbeit auf dem Hof mit Zeitung und Marmeladenbrot beim Frühstück und erzählt über das Foto, das alte Erinnerungen in ihm geweckt hat. Es zeigt eine vorsintflutliche Dreschmaschine an der Jesuitenfahrt in Amberg und stammt aus dem Besitz des ehemaligen Schusters Hermann Reger, der sein ganzes Leben hier verbracht hat. "Diese Maschine hat während des Krieges der Firma Birner gehört, dann hat sie mein Vater übernommen", kennt Hans Meier die Hintergründe.

Josef Meier, Jahrgang 1911, Landwirt zu Stockau, war ein harter Mann. "Ein Eiserner", wie sein Sohn Hans erzählt. Einer, der sich sommers wie winters draußen mit eiskaltem Wasser abgewaschen hat. Dem Wind und Wetter nicht viel anhaben konnten. "Zum Glück hat er sich bei uns Kindern nicht ganz durchsetzen können", lachte Hans Meier. Als junger Mann lernte der Vater beim Amberger Landmaschinenhändler Birner in der Gasfabrikstraße. Schon damals gehörte es zu seinen Aufgaben, die große Dreschmaschine zu bedienen, die sein Chef vor allem an die Landwirte in und um Amberg herum vermietet hat.

In Amberg gedroschen

Nach dem Krieg, am Ende der 40er Jahre, übernahm Meier dann die Dreschmaschine in Eigenregie. Seine Kunden fand er nach wie vor hauptsächlich in der Stadt Amberg und der näheren Umgebung. "Rund fünf Kilometer um Amberg herum war mein Vater unterwegs", erinnert sich Hans Meier. In seinem Heimatdorf Stockau und Umgebung hingegen hatte er kaum zu tun. Dort gab es damals schon Dreschgenossenschaften. Die schafften sich gemeinsam eine der großen und für damalige Verhältnisse auch sehr teuren Maschinen an und zogen die dann nach der Ernte von Hof zu Hof.

Wie Kreisheimatpfleger Josef Schmaußer in Band 20 des Eisengaus schildert, gab es in den Dörfern den Brauch des Wiederhilf-Dreschens. Dabei halfen sich die Bauern untereinander mit Arbeitskraft aus, die für den Betrieb einer Dreschmaschine in großer Zahl notwendig war. Hilfst Du mir, helfe ich Dir, lautete damals nicht nur beim Dreschen das Motto. Schmaußer bestimmt die Hauptdreschzeit damals auf dem Land zwischen September und Dezember, nachdem zum Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten dieser Dreschkästen auch in den entlegenen Gegenden der Oberpfalz Einzug gehalten hatten. Die großen Bauern droschen meist etwas früher, weil sie entweder das Saatgetreide oder aber das Geld brauchten.

Ähnlich verhielt es sich auch bei den Stadtbauern. Doch erinnert sich Hans Meier, dass sein Vater meist erst ab November mit seiner Garnitur unterwegs war. "So richtig los gegangen ist es dann nach den Feiertagen im Januar." Dann machte teilweise beißende Kälte große Probleme. "Mein Vater hat sich immer seine Tour zusammengestellt, sich jemand mit einem großen Schlepper gesucht und ist dann losgefahren." In der Altstadt von Amberg gab es bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts noch einige Bauern. Und die größten von ihnen seien die großen Amberger Brauereien gewesen.

Erst Dampf, dann Strom

Der Ablauf war immer gleich: Hans Meier zog sein Gefährt samt Strohpresse und Motorwagen von Hof zu Hof. Dort wurde zunächst einmal alles aufgebaut. "Mein Vater war sehr beliebt bei den Bauern, weil er die Maschine immer sehr genau ins Wasser, also in die Waage, gebracht hat", erzählt er davon, dass der Erfolg des Dreschens auch von solchen Kleinigkeiten abhing. Je besser die Maschine lief, desto höher der Ertrag. Dafür hatte unter anderem der Maschinist zu sorgen. Wurden beispielsweise zu viele Garben oben hineingeworfen, lief die Anlage nicht mehr rund, der Ertrag ging zurück.

Angetrieben wurden die Dreschmaschinen zunächst von großen Dampfmaschinen. Als in den 20er Jahren so nach und nach die Elektrifizierung Einzug gehalten hat, lieferten spezielle Elektromotoren die Energie. "Dafür hatte mein Vater eine ganz spezielle Einrichtung, mit der er den Strom direkt von den Hochspannungsleitungen abzapfen konnte." Arbeitssicherheit war damals noch nicht so groß geschrieben, viele Arbeiter verloren Finger, weil sie nicht aufpassten. Wo es keinen Strom gab, lief ein großer Dieselmotor.

Bis 1947/48 hatte Josef Meier seine erste Esterer Dreschmaschine im Einsatz, dann kaufte er sich ein größeres Modell. Mit der war er dann bis weit in die 60er Jahre hinein noch unterwegs zu den Bauern. Denn erst allmählich lösten die kleinen, wendigen Mähdrescher die klobigen Dreschmaschinen ab. Sie droschen das Getreide direkt auf dem Feld und sofort bei der Ernte. Hans Meier tat sich dann zu dieser Zeit auch immer schwerer, Arbeitskräfte zu finden, die diese schwere und anstrengende Tätigkeiten machen wollten. Es herrschte Vollbeschäftigung, staubige und anstrengende Arbeit war nicht mehr in Mode. Josef Meier machte zu dieser Zeit einen Deal mit der Strafanstalt in Amberg. Die schickte ihm zur Dreschzeit immer einen ganzen Trupp von Freigängern.

Dreschen war aber nicht nur harte Arbeit damals. Es wurde auch gut gegessen und getrunken und am Abend ordentlich gefeiert. Doch vorher ließ sich Josef Meier einen Eimer mit kaltem Wasser geben und wusch sich gründlich ab. Schließlich war er ein ganz ein Eiserner.

Amberg11.01.2019
Hans Meier hat noch viele Erinnerungen an das Dreschen mit seinem Vater. Vor allem erinnert er sich, wie hart die Arbeit war. Bild: Petra Hartl
Hans Meier hat noch viele Erinnerungen an das Dreschen mit seinem Vater. Vor allem erinnert er sich, wie hart die Arbeit war.
Um dieses Foto dreht sich alles. Es zeigt die erste Dreschmaschine von Josef Meier, mit der er als Lohndrescher in Amberg und Umgebung unterwegs war. Das Bild dürfte vor 1948 entstanden sein. Archivbild: Hermann Reger
Um dieses Foto dreht sich alles. Es zeigt die erste Dreschmaschine von Josef Meier, mit der er als Lohndrescher in Amberg und Umgebung unterwegs war. Das Bild dürfte vor 1948 entstanden sein.
 
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