Coronakrise: Enge in Oberpfälzer Schweineställe

Waldthurn
16.10.2020 - 15:25 Uhr
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Seit dem Corona-Ausbruch bei Tönnies spüren auch Schweinemäster in der Oberpfalz die Folgen der Pandemie. Inzwischen setzt ihnen eine weitere Seuche zu. Besonders hart trifft es diejenigen, die am Anfang der Lieferkette stehen.

Die Ferkel drängen sich im Stall aneinander. Ferkelerzeuger müssen investieren, um die neuen Bestimmungen zu erfüllen. Allerdings ist derzeit der Markt am Boden. Viele machen Verluste.

In den Ställen der Oberpfälzer Schweinezüchter stauen sich die Tiere. Rund 1000 Schweine bleiben jede Woche stehen, sagt Heinrich Promberger, Geschäftführer der "Erzeugergemeinschaft für Schlachtvieh Oberpfalz" (ESO) in Knölling (Gemeinde Fensterbach, Kreis Schwandorf). Statt der gewünschten gut 4500 Tiere könne die Gemeinschaft nur rund 3500 in die Schlachthöfe liefern. Die übrigen würden erst in der folgen Woche abgeholt - am Dienstag, am Mittwoch oder erst am Freitag.

Der Rückstau ist eine Folge der Corona-Ausbrüche in deutschen Schlachthöfen. Rund 50 000 Schweine werden derzeit deutschlandweit jede Woche zu wenig geschlachtet, sagt Alois Weig, Vorstand der Erzeugergemeinschaft. Einen Notstand wie in Norddeutschland gibt es in der Oberpfalz aber nicht. Dass im Norden über Nottötungen geredet werde, erschreckt Weig. "Ich habe damit meine Probleme." Weig betont, "wir bringen unsere Tiere noch mit Verzögerung weg." Diese Verzögerung bedeutet, dass die Tiere ein höheres Gewicht haben und mehr Fett ansetzen. Dafür gibt es aber weniger Geld, denn fettes Schweinefleisch wollen Verbraucher nicht.

In vier Monaten 2000 Euro Gewinn

Weig, dessen Hof bei Waldthurn (Neustadt/WN) steht, hat sich wieder Schweine in den Stall geholt. Die 240 Tiere haben ihm rund 29 5000 Euro gekostet. Derzeit rechnet er mit einem Lebendpreis von etwas mehr als einem Euro je Kilogramm. Nach vier Monaten Mast werden die 240 Tiere einen Gewinn von rund 2000 Euro einbringen. "Es gibt aber auch Kollegen, die draufzahlen", sagt Weig. In der Mast habe es immer wieder Auf und Ab gegeben. Aus seiner Sicht müsse deshalb die Schweinemast über einen Zeitraum von fünf Jahren betrachtet werden. Und: In guten Jahren gab es ein vielfaches des derzeitigen Gewinns, sagt er.

Zum Preisverfall trägt auch der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Brandenburg bei. China importiert deshalb kein Schweinefleisch mehr aus Deutschland. Dorthin wurden bisher die Teile des Schweines verkauft - etwa Ohren, Schwanz, fette Bauchteile, Innereien und Vorderhaxen -, für die sich hierzulande keine Abnehmer finden: Diese Teile des Schweins landen nun oft in der Tierkörperbeseitigung. Das kostet, statt wie bisher Geld einzubringen.

Schweinemast ist ein arbeitsteiliges System, das taktgenau abgestimmt ist. Kommt es an einer Stelle zu Problemen, trifft es alle in der Kette. Besonders schwer haben es diejenigen, die am Anfang stehen: die Ferkelerzeuger. Ihnen nehmen die Schweinemäster weniger Tiere ab. Zugleich bekommen die Muttersauen schon die nächsten Ferkel. "In den Ställen der Ferkelerzeuger wird es eng", sagt Willi Wittmann, Geschäftsführer und Vorstand der "Erzeugergemeinschaft Südbayern" mit Sitz im niederbayerischen Pocking. Sie umfasst die Bezirke Oberpfalz, Niederbayern und Oberbayern. "In der Oberpfalz steht eine komplette Wochen-Lieferung noch im Stall", sagt Wittmann.

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Weiden in der Oberpfalz19.07.2020

Ferkelerzeuger steigen aus

Der Gemeinschaft mit rund 8000 Mitgliedern gehören in der Oberpfalz 135 Ferkelerzeuger an. Etwas mehr als 90 liefern noch an die Gemeinschaft. Dem Dachverband hatte sich die "Erzeugergemeinschaft für Ringferkel in der Oberpfalz" mit Sitz in Nittenau (Kreis Schwandorf) vor fünf Jahren angeschlossen, weil sie zu klein geworden war. Die Zahl der Ferkelerzeuger droht weiter zu schrumpfen. "Ich befürchte, dass viele Betriebe als Ferkelerzeuger ausscheiden", sagt Wittmann. Die Folge: Die Transportwege zu den Mästern würden deutlich länger, was weder im Sinne der von Bayern angestrebten Regionalität ist noch im Sinne des Tierwohls.

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Weiden in der Oberpfalz21.06.2020
Hintergrund:

Tierschutz im Ferkelstall

Kastration mit Betäubung

Ab dem 1. Januar ist die betäubungslose Ferkelkastration verboten. Viele Betriebe müssen deshalb investieren, um im Markt bleiben zu können. Ein Narkosegerät kostet rund 10 000 Euro, sagt Willi Wittmann, Geschäftsführer und Vorstand der „Erzeugergemeinschaft Südbayern“.

Weshalb Kastration?

Männliche Schweine werden kastriert, weil deren Fleisch einen sehr unangenehmen Geruch entwickeln kann. Es gilt dann in Deutschland als schwer bis gar nicht verkäuflich.

Mehr Fläche für Schweine

Im Sommer sind die Tierschutz-Vorschriften für deutsche Schweineställe geändert worden. Das erfordert Investitionen. So sollen Schweine mehr Platz bekommen.

 
 

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