Weiden in der Oberpfalz
03.07.2018 - 16:12 Uhr

Großes Risiko, kleines Geld

Florin M. und Darius M. werden am 4. September 2017 festgenommen, als sie mehrere Menschen in einem Lkw nach Deutschland schleusen. Wie gefährlich die Situation ist, das ist ihnen von Anfang an klar.

In diesem Lkw sollen die Angeklagten mehrfach Flüchtlinge nach Deutschland geschleust haben. Polizeiinspektion Waidhaus
In diesem Lkw sollen die Angeklagten mehrfach Flüchtlinge nach Deutschland geschleust haben.

(juh) Die "großen Profiteure" sind die Angeklagten Florin M. und Darius M. nicht. Pro Schleusung "unter lebensbedrohlichen Umständen für die Flüchtlinge" erhalten sie zwischen 600 und 1000 Euro. "Doch auf den Lastern sitzen durchschnittlich 64 000 Euro", erklärt ein Beamter der Großen Strafkammer des Landgerichts Weiden.

Das System ist immer gleich: Im Irak gibt es Büros - vergleichbar mit Reisebüros, in denen Schleusungen "gebucht" werden. Das Geld - zwischen 7000 und 10 000 Euro pro Person - wird auf einem Konto hinterlegt. Ist die Schleusung erfolgreich, erhalten die Beteiligten Fahrer und Vermittler ihren Anteil. So auch Florin M. und Darius M., die Männer, die auf der Anklagebank sitzen. Der Vorwurf: Die zwei Rumänen sollen Ausländer in fünf beziehungsweise sieben Fällen gewerbs- und bandenmäßig nach Deutschland geschleust haben. Beide haben während der Verhandlung vier Fahrten gestanden.

Der 49-jährige Florin M. sei schon länger in die illegalen Fahrten verwickelt, der 43-jährige Darius M. erst wenige Monate. Beide hätte Geldnot zu den Taten getrieben, schildern sie der Kammer unter Vorsitz von Gerhard Heindl. Die Männer werden am 4. September 2017 festgenommen, während sie wieder Personen im doppelten Boden eines Klein-Lkws nach Deutschland schleusen.

Auch der Beamte, der die Beschuldigten direkt nach dem Aufgriff vernommen hat, sagt vor der Kammer aus. "Darin M. war kooperativ. Er hat uns drei Personen genannt, die ihm den Auftrag gegeben haben sollen." Einen von ihnen nennen die Fahrer "Leugen". Am 8. Mai 2018 wird er in Rumänien festgenommen, nach Deutschland ausgeliefert. Zu den Anschuldigungen habe er sich bislang nicht geäußert. Während der Vernehmung habe Darius M. nervös gewirkt - beinahe ängstlich. "Man hat gemerkt, dass er Angst hatte, die Hintermänner zu nennen." Florin M. hingegen habe gefasst reagiert. "Wir haben ihn gefragt, ob ihm bewusst war, wie lebensgefährlich der Transport für die Menschen war", erinnert sich der Beamte.

Die Antwort des Angeklagten kommt schnell: "Ja." Einen Tag nach dem Aufgriff im September 2017 werden die Männer dem Ermittlungsrichter Hubert Windisch vorgeführt. Der Haftbefehl stützt sich auf vier Fälle von Schleusung. "Darius M. hat sofort vier Fahrten über Waidhaus eingeräumt", erinnert sich der Jurist.

Auch Florin M. gesteht vier Fahrten. Zudem habe er gesagt, dass er und Darius M. "während der gesamten Zeit von Arad in Rumänien bis Deutschland zusammen" gewesen seien. Angesprochen auf die Pausen widersprechen sich die Männer. Der 43-Jährige erzählt von einem Stopp, um sich "selbst zu erholen". Die Geschleusten hätten den doppelten Boden nicht verlassen dürfen.

Der 49-jährige Rumäne beschreibt die Situation anders. Vier bis fünf Stopps habe es gegeben, er habe Wasser dabei gehabt, es den Männern, Frauen und Kindern angeboten. Auch der "Lohn für die Fahrten" ist unterschiedlich hoch. Darius M., Fahrer des Klein-Lkws, habe 600 Euro pro Transport bekommen, sein Partner, der mit einem "Spähfahrzeug" unterwegs war, 1000.

"Bei der Festnahme hatten die Angeklagten mehrere Handys dabei", erinnert sich ein Ermittler der Bundespolizei Waidhaus. Er wertet die Messdaten aus, findet heraus, dass sich die Handys immer wieder in deutsche Funkzellen eingeloggt haben - unter anderem am 10., 14. und 25. August. Tage, an denen Geschleuste von Beamten aufgegriffen wurden, die "mit einem weißen Klein-Lkw über die Grenze gebracht wurden".

Auch Florin M.'s Handy loggt sich am 10. August in das deutsche Netz ein. Eine Fahrt, die er vor Gericht bestreitet. "Da war ich bei einem Arzt in Bukarest, nicht in Deutschland." Die Verhandlung wird am heutigen Mittwoch fortgesetzt.

 
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