Bereits am Vormittag des vierten Verhandlungstages musste mehrmals unterbrochen werden. Die Geschädigte musste immer wieder nach einer Pause verlangen, zu sehr nahmen sie ihre Aussagen über die Ereignisse mit. Vor allem, wenn es um ihren kleinen Sohn ging, den ihr Schwiegervater, Ahmed E., als Druckmittel für eine erzwungene Ausreise nach Griechenland und schließlich weiter in die Türkei benutzt haben soll.
Für das Gericht galt es zu klären, was der Grund der Reise war, welche die heute 21-jährige Geschädigte wohl nicht freiwillig antrat. Unter dem Vorwand, dass sie ihre Aufenhaltserlaubnis in Deutschland bei einer Rechtsanwältin in Griechenland verlängern müsse, hätten Ahmad E. und ihr Ehemann, Khaled E., sie zur Reise gedrängt.
Von Köln nach Griechenland
„Ich wollte nicht weg. Ich habe Ahmad nicht geglaubt. Er sagte mir, wenn ich nicht mit ihm nach Griechenland fliege, wird er mir meinen Sohn wegnehmen und dafür sorgen, dass ich ihn nie mehr wiedersehe“, sagte die junge Frau vor dem Landgericht Weiden aus. Deswegen habe sie schließlich die Reise angetreten. Mit den Angeklagten fuhr sie zum Flughafen Köln. „Dort haben sie mir die Geldbörse mit meinen Ausweispapieren weggenommen. Ahmad hat dann ein Ticket nach Thessaloniki gekauft“, erinnerte sich die Geschädigte. Ihre Papiere habe sie auch in Griechenland nicht wiederbekommen. Nach einigen Tagen fuhren sie mit einem Bus in Richtung türkischer Grenze – ihr Schwiegervater hatte behauptet, der Bus hätte Athen als Ziel. Weiter ging es zu Fuß.
Rolle von Khaled E. unklar
In einem Waldstück an der Grenze kam es zu einem Zwischenfall. „Ich wollte nicht weitergehen und habe geschrien. Ahmad hat mir den Mund zugehalten, weil uns sonst die Polizei erwischt hätte“, berichtet die 21-Jährige. In der Türkei sind sie von der Polizei festgenommen worden. In einem Flüchtlingslager vertraute sich die junge Frau schließlich einer Helferin an. Sie kam in ein Frauenhaus in Ankara und nahm Kontakt zum deutschen Konsulat auf. So kehrte sie schließlich nach Deutschland zurück.
Unklar bleibt die Rolle ihres Mannes Khaled E. bei der erzwungenen Ausreise nach Griechenland. Die Geschädigte konnte keine Angaben darüber machen, ob er in die Pläne seines Vaters eingeweiht war, dass er sie zurück nach Syrien bringen wollte. Fest steht allerdings, dass Khaled E. während der Abwesenheit seiner Frau versuchte, das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn vor Gericht zu erstreiten. Bereits zuvor gab es einen Termin, den Nachnamen des Kindes in den des Vaters zu ändern.
Vater hätte sie zurückgeholt
Die Verteidiger der beiden Angeklagten führten an, dass der Vater der Geschädigten ihr angeboten habe, sich scheiden zu lassen. Er bot ihr an, sie von Verwandten abholen und zurück nach Syrien bringen lassen. Dieses Angebot schlug die Frau aber aus, weil sie laut ihrer Aussage zu diesem Zeitpunkt ihren Mann trotz der ihm vorgeworfenen Körperverletzungen und Vergewaltigungen noch liebte. Er habe ihr einen Neuanfang versprochen.
Bei einer Rückkehr nach Syrien hätte ihr wohl auch nicht der Tod gedroht, wie es ursprünglich in der Anklageschrift hieß. Das habe sie damals bei der Polizei ausgesagt, weil sie lange keinen Kontakt zu ihrer Familie in Syrien hatte und nicht wusste, ob ihr Schwiegervater oder ihr Mann falsche Gerüchte über sie verbreitet hatten. Jetzt wisse sie, dass ihre Familie sie wiederaufnehmen würde. „Aber ich habe Angst vor den Verwandten von Ahmad und Khaled dort“, fügte sie an.
So lautet die Anklage
Der Prozess gegen Ahmad E. und seinen Sohn Khaled E. vor dem Landgericht Weiden hat am 25. Juni begonnen. Ahmad E. soll für die Geschädigte die Schleusung von Syrien nach Deutschland organisiert und sie selbst aus Griechenland abgeholt haben. Bereits zuvor war sie mit seinem Sohn Khaled E. verheiratet worden. In der Oberpfalz begann für die heute 21-Jährige eine brutale Tortur, weil sie sich laut Anklage „nicht widerstandslos unterwerfen“ wollte. Sie soll von ihrem Mann geschlagen und vergewaltigt worden sein. Nach der Geburt eines Sohnes sollen die Angeklagten versucht haben die Frau zurück nach Syrien zu bringen. Der Schwiegervater soll sie unter falschem Vorwand in die Türkei gebracht haben. Von dort sollte sie zurück nach Syrien ohne ihren neugeborenen Sohn. Die Staatsanwaltschaft Weiden wirft den Männern daher Menschenraub in Tateinheit mit Entziehung Minderjähriger vor. Ahmad E. wird zudem die Einschleusung von Ausländern vorgeworfen. Seinem Sohn Khaled wird gefährliche Körperverletzung in insgesamt acht Fällen, zum Teil mit Bedrohung und Freiheitsberaubung, vorsätzliche Körperverletzung in drei Fällen sowie Vergewaltigung in vier Fällen vorgeworfen.



















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