In der digital vernetzten Welt hat sich am Sonntag nach 22 Uhr schnell herumgesprochen, dass die Schulen in Weiden und im Landkreis Neustadt am Montag ausfallen. Kinder durften zu Hause bleiben, Lehrer mussten antretern, sofern ihr Wohnort nicht Dutzende Kilometer entfernt liegt.
Somit war auch die Betreuung für Kinder sichergestellt, die trotzdem vor der Schultür standen. Viele waren das nicht. Regulär geöffnet hatten dagegen die Kindertagesstätten. Die waren mancherorts aber ebenfalls schwach besucht. Vor allem Eltern, die auch ein Schulkind haben, ließen das Kita-Geschwisterkind an diesem Tag zu Hause. Eine Ausnahme bildet der katholische Kindergarten Grafenwöhrer. Dort fehlten 40 Prozent der Schützlinge wegen Krankheit.
Die Entscheidung, Schulunterricht ausfallen zu lassen, ist in jedem Fall mit Ärger verbunden. Kommt es plötzlich gegen 7 Uhr zu überfrierender Nässe und Glatteis, ist die Kritik vorprogrammiert, warum Kinder antreten müssen. Liegen wie in Weiden nur 20 Zentimeter Schnee, werden verwundert die Augenbrauen hochgezogen, dass die Klassenzimmer leer bleiben. Schulrätin Elisabeth Junkawitsch erklärt das Dilemma: "Wir hatten die Meldung über die Katastrophenschutz-App Nina, dass es im östlichen Landkreis Neustadt heikel aussieht und auch im Bereich Immenreuth, wo es Richtung Fichtelgebirge geht." Zudem bestehe Schneebruchgefahr.
Aber warum fuhren dann die Busse im vielerorts höher gelegenen Landkreis Tirschenreuth? "Dort war das Schneeaufkommen erstaunlicherweise nicht so schlimm", sagt Junkawitsch. Dem widerspricht Oberpfalzmedien-Wetterexperte Andy Neumaier: Am Montagmorgen lagen 40 Zentimeter Schnee im Stiftland, die doppelte Menge von Weiden.
Auch Beate Wolf, die mit ihrem Mann ein Busunternehmen in Eslarn führt, wundert sich über den Schulausfall. "Wir hätten das schon geschafft. Wo es gar nicht geht, etwa bei Stichstraßen in Heumaden, hätten wir halt die Kinder nicht abholen können. So etwas lassen wir im Ermessen des Fahrers. Aber die Hauptlinie Weiden-Vohenstrauß wäre schon möglich gewesen." In der Tat fuhren am Montag überall die Linienbusse. "Höchstens mal mit fünf, sechs Minuten Verspätung", räumt Unternehmer Wolfgang Wies ein. Hauptproblem allerorten: Parkende Autos neben Schneehaufen, die die Fahrbahn verengen.
Friedrich Mädl von der gleichnamigen Beförderungsfirma kann schon verstehen, dass das Schulamt die Notbremse gezogen hat, nachdem es Anfang Dezember bei Glatteis viel Kritik geerntet hat.Was aber noch nicht so klappt, ist die Informationskette. Mädl holte sich Klarheit, ob Unterricht stattfindet oder nicht durch einen Anruf bei Radio Ramasuri. Wolfgang Wies erfuhr von einem Mitarbeiter davon, der am Sonntagabend im Internet unterwegs war. "Ich würde da schon erwarten, dass wir direkt informiert werden", sagt er.
Mit acht Rutschunfällen ohne Verletzte hielt sich der Blechschaden auf den Straßen im Bereich der Polizeiinspektion Weiden bei einem Gesamtschaden von rund 20000 Euro in Grenzen. Alarmstimmung ist auch im Wald nicht angebracht, sagt Stefan Bösl vom Forstbetrieb Flossenbürg. Er spricht von einer "normalen Schneesituation." Vor allem an der Silberhütte würden Bäume ständig kontrolliert, da der Schnee aber trocken sei, seien die Lasten in den Ästen nicht besorgniserregend. Das Wild komme ebenfalls noch durch die Flockendecke, um nach Futter zu scharren. "Trotzdem sollten Wanderer und Schneeschuhgänger auf den Wegen bleiben", bittet Bösl.
In der Integrierten Leitstelle ist es laut Jochen Staufer "sehr ruhig". Die Lasten auf den Dächern seien erträglich. Nur im Kemnather Siemens-Werk mussten Helfer einen Bau freischaufeln, aber nur weil es den darunter sitzenden Frauen und Männern auf den Arbeitsplatz tröpfelte.
Norbert Bächer kann in der Weidener ATU-Werkstatt kein Winter mehr einschüchtern. Anders als vor zwei Wochen. "Da haben die Leute die Bilder aus dem Allgäu und aus Österreich gesehen. Danach haben wir so viele Schneeketten verkauft, wie seit 20 Jahren nicht mehr."
https://www.onetz.de/oberpfalz/rodelhaenge-pisten-loipen-region-uebersichtskarte-id1440358.html
An Tagen wie diesen
Berlin diskutiert über mehr Rente für Niedrigverdiener, die Bayern vergeigen die Meisterschaft, und Jens Meyer ist jetzt auch amtlich OB-Kandidat. Uninteressant. Alle reden nur über den Winter, den Unter-20-Jährige in dieser Form in der Region kaum kennen.
Ältere und manche Lehrer dagegen fragen sich: Und deswegen fällt die Schule aus? Den Kindern sei’s gegönnt. Die Kombination von satt Schnee und strahlender Sonne ist selten genug geworden. Dennoch ist Unterricht an Tagen wie diesen früher gang und gäbe gewesen, schließlich ist Schnee berechenbarer als Blitzeis.
Dass die Schulämter vorsichtig geworden sind, kann man ihnen nicht verdenken. Der Flockenwirbel schien am Sonntag überhaupt nicht mehr aufhören zu wollen. Zudem ist Unterricht in witterungsbedingt halbleeren Klassenzimmern wenig sinnvoll. Und manch überbesorgte Eltern halten Schulbusfahrten schon bei trockenen Straßen für Höllenritte. Trotzdem bleibt der Eindruck: Wir haben den Umgang mit Schneehöhen über 20 Zentimetern verlernt.
Friedrich Peterhans