Während die beiden Altvögel noch über abgemähten Felder und Wiesen rund um Weiden staksen, haben sich die beiden Jungstörche bereits aus der Stadt verabschiedet und auf den Weg ins Winterquartier gemacht. "Es war ein gutes Storchenjahr", zieht Helga Bradatsch zufrieden Bilanz. Seit über 15 Jahren beobachtet die Storchenbetreuerin die Tiere hoch über der Altstadt.
Im Horst auf dem Alten Schulhaus kehrte in diesem Jahr schon früh Leben ein. Das Storchenmännchen aus Mannheim kam am 31. Januar an. "Das war extrem früh", sagt Bradatsch. Ein milder Winter könnte dafür verantwortlich gewesen sein. Nachdem er lange alleine blieb, gesellte sich am 24. Februar ein Weibchen dazu. Doch der Vogelexpertin fiel die fehlende Beringung auf: "Das konnte nicht die Störchin, die weit gereiste Schwedin aus Hörby, vom vergangenen Jahr sein. Die hat ja sogar zwei Ringe am Bein." Das Männchen störte das offenbar nicht, das fremde Storchenweibchen blieb.
Bis es am 14. März mit der Ruhe vorbei war. "Da tauchte die Schwedin auf und es gab richtig Zoff", sagt Bradatsch. Die fremde Störchin wurde dabei verletzt und musste schließlich weichen. Anfang Mai brütete das wiedervereinte Paar drei Eier aus. Zwei der geschlüpften Jungtiere überlebten, das dritte und kleinste starb im Juni.
Die angenehmen Temperaturen im Frühjahr spielten den Störchen in die Hände. "Die Jungen haben sich prächtig entwickelt", freut sich Helga Bradatsch. Seit der ersten Augustwoche sind diese nun ausgeflogen. Die Altvögel seien noch da. "Ich denke, dass die sich in den nächsten zwei bis drei Wochen auf die Reise in den Süden machen. Wir hatten auch schon Störche, die bis Oktober geblieben sind."
Mancher Storch überwintert auch nicht mehr in Afrika. Der Klimawandel macht´s möglich. Ein Umstand, den auch der Landesbund für Vogelschutz (LBV) Bayern vermehrt registriert. Zum ersten Mal brüteten mehr als 700 Storchenpaare im Freistaat, meldete der LBV vor wenigen Tagen. Dass es mehr Störche bei uns gibt, liege unter anderem daran, dass viele der Vögel über die ungefährlichere westeuropäische Route in den Süden ziehen und oft in Spanien überwintern. "Die Tiere fliegen nicht mehr so weit weg", weiß auch Bradatsch.
Dass im Storchenparadies Weiden auch Platz für zwei Paare wäre, wie mancher sich in Anspielung auf den zweiten Horst auf dem Alten Rathaus wünschen würde, hält die Vogelexpertin jedoch für ungünstig. "Wenn sich dann noch bei beiden Nachwuchs einstellt, könnte es bei der Nahrungssuche auf den Wiesen rund um die Stadt eng werden. Die müssen jetzt schon ganz schön suchen, bis sie was finden."
Freude und Trauer im Storchenhorst
Mit 700 Storchenpaaren ließen sich im Jahr 2020 so viele Storchenpaare wie noch nie in Bayern nieder, meldet der LBV. Auch reichlich Nachwuchs gab es. Die Freude über Storchenkinder war auch in der nördlichen Oberpfalz groß. In manchen Gemeinden blieben die Nester aber auch leer. Ein Überblick:
Stadt Weiden: 2 Storchenjungen überleben
Neustadt/WN: 3
Floß: 2
Luhe: 3
Pressath: 4
Trabitz: 4
Pleystein: alle 3 Jungtiere und ein Altvogel sterben
In Etzenricht, Eslarn, Irchenrieth, Grafenwöhr und Mantel bleiben die Nester leer. (shl)
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