Friedrich Bronsart hätte sich seine "letzten Jahren" anders vorgestellt. Das sagt er, 80 Jahre alt, 30 Prozent behindert, selbst. "Finger kaputt, Ohr kaputt", erzählt der Weidener. Seine Frau habe Alzheimer. Er müsse sich um alles kümmern, könne sie nicht alleine lassen. "Sie hat schon mal einen Spaziergang gemacht – das endete dann in einem Zeitungsartikel mit Feuerwehreinsatz", sagt Bronsart, der keine Kinder hat. "Wenn ich mir die Haare schneiden lassen will, muss ich Klimmzüge machen." Ein Akt sei das jedes Mal. Das sei die "Ausgangslage", so der ehemalige Bundeswehrsoldat.
"In so einer Situation, wo du am Rande der Leistungsfähigkeit arbeitest", sagt der 80-Jährige, "kommt dann so ein Ding." Bronsart schlägt mit der Hand auf seine Unterlagen, die auf dem Tisch liegen. Die Grundsteuererklärung. "Eine Unverschämtheit", schimpft er. Der Weidener, der Oberstleutnant bei der Bundeswehr war, hat damit mehrere Probleme. Genauer: mit der Art und Weise, wie diese vorbereitet werden soll.
Zum einen habe der Gesetzgeber nicht an die älteren Menschen gedacht, findet Bronsart. An Menschen, die keinen Computer haben, kein Internet. Die nicht mobil sind, nicht einfach mal so zum Finanzamt oder zum Katasteramt fahren können. "Die haben sich keine Gedanken gemacht, dass es solche wie mich gibt", sagt Bronsart. Er sei ja nicht alleine, und anderen geht es vielleicht noch schlechter.
Ältere Menschen vergessen
Viele Menschen, das hört man überall, wissen nicht, wie sie die Erklärung ausfüllen sollen, woher sie die Daten bekommen sollen. Finanzämter berichteten bereits von verzweifelten Anrufern, die ins Telefon schluchzten.
Rudolf Limmer, bayerischer Präsident des Verbands Wohneigentum, erlebt das so ähnlich, erzählt ebenfalls von vielen Anrufen, von Verzweiflung. "Sehr viele Mitglieder, vor allem ältere, die nicht mal einen Computer haben, fragen uns, wie sie das machen sollen." Wer Hilfe dazu braucht, bekomme die von den Behörden vor allem im Internet.
Am besten sollte die Grundsteuererklärung, die bis Ende Oktober abzugeben ist, elektronisch ausgefüllt und abgeschickt werden, heißt es. Auch die allermeisten Informationen und Anleitungen finden sich online. Friedrich Brosart hat keinen Computer, kein Internet. "Mit 80 Jahren bin ich auch nicht bereit, mir die ganze Einrichtung zu kaufen", sagt er. In seinem Fall komme ja noch seine "Ausgangslage" hinzu. Er könne nicht einfach mal so zum Finanzamt fahren, um ein Formular abzuholen. "Alle Arbeit die ich da reinsetzen müsste, geht da verloren", sagt Brosart und zeigt auf die Wohnzimmertür, hinter der seine Frau sitzt. Das Finanzamt hat ihm die Formulare dann immerhin per Post geschickt, lobt er.
"Die haben alle Daten"
Zum anderen geht es dem Weidener ums Prinzip. "Die verlangen von dir, bestimmte Unterlagen zusammenzutragen, die sie alle haben", sagt er. Vor 40 Jahren hat er die Wohnung im Weidener Westen gekauft. Seitdem zahlt er dafür Grundsteuer. Vor gut 20 Jahren hat er ein Grundstück zwei Kilometer entfernt gekauft, einen kleinen Garten. Seitdem zahlt er dafür Steuer. "Die wissen, wie groß der Garten ist, die wissen, dass das kein Bauland oder Indianerland ist." Die Behörden hätten alle Daten, "sonst hätten sie nicht schon seit Jahren Steuern eingezogen".
"Da habe ich ja auch nichts dagegen", betont Brosart mehrmals. Der Staat brauche ja Einnahmen, um seinen Aufgaben gerecht zu werden. "Ich in kein Steuerdrücker", aber es gehe ihm eben ums Prinzip. "Es kann nicht sein, dass die uns verarschen."
Die neue Grundsteuer Schritt für Schritt erklärt
Behörde verteidigt sich
Das sieht das Landesamt für Steuern anders. Die notwendigen Daten liegen "nicht, nicht vollständig oder nicht immer in aktueller Fassung vor", schreibt eine Sprecherin auf Anfrage von Oberpfalz-Medien. Auch eine direkte Datenübernahme aus dem Liegenschaftskataster sei nicht möglich, weil Vermessungs- und Steuerverwaltung von "unterschiedlichen Einheiten" ausgehen. Ohne die Abgabe der Erklärung würde es also nicht funktionieren. Diese sei "zwingend erforderlich".
Zudem schreibt die Sprecherin: Die bayerische Finanzverwaltung sei "stets bemüht", allen Bürgern, auch älteren Menschen, den Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Deshalb gebe die Formulare auch auf Papier – die man in Bayern ohne gesonderten Antrag bekommt, anders als in anderen Bundesländern. Sollten Menschen nicht mobil sein, könnten auch gedruckte Anleitungen per Post verschickt werden.
Rudolf Limmer vom Verband Wohneigentum sieht die Reform der Grundsteuer schlecht vorbereitet. "Der Gesetzgeber hat ewig und drei Tage gebraucht und die Verordnung dann in letzter Sekunde durchgepeitscht, damit sie Gültigkeit hat", sagt Limmer. "Dabei hat er aber vergessen, die Leute mitzunehmen." Eine neue Grundsteuer war nötig geworden, weil die alte Methode auf uralte Werte basiert und gegen die Verfassung verstoßen hatte.
Der Verband Wohneigentum fordert unter anderem eine Verlängerung der Abgabefrist für die Erklärung. Zudem hat er sich ans Bundesfinanzministerium gewandt, mit der Bitte, dass etwa auch Verbände wie er die Menschen beim Ausfüllen der Formulare beraten und unterstützen darf. Aktuell ist das nicht erlaubt. "Wir dürfen nicht helfen", sagt Limmer. Das sei den Steuerberatern vorbehalten. Einen solchen könne er sich nicht leisten, sagt Friedrich Bronsart.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Herr Bronsart soll doch nicht allen Ernstes erzählen, dass er sich als pensionierter Oberstleutnant keinen Steuerberater leisten kann.
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