„Links, rechts, vor, zurück.“ Nein, falsch. Das gehört zur Sparte „Schunkeln“. Wobei auch „Schunkeln“ eine bayerische Tradition ist und diesem lustigen Miteinander zur Musik wie der Volkstanz auf bayerischen Festen ausgiebig gefrönt wird. Was den Volkstanz ausmacht: Es ist weit schwieriger, ihn erst einmal zu lernen. Dazu bedarf es am besten einen Kurs, denn die Choreographie der alten, bayerischen Volkstänze gleicht manchmal einer wissenschaftlichen Formel. Das geht nicht mehr nur mit „links, rechts“ über die sprichwörtliche Bühne.
Wer es lernen möchte, dem rät Hermann Burger: „Kommen Sie in den öffentlichen Volkstanzkurs.“ Einen solchen bietet der Fachmann fürs Tanzen regelmäßig in Wiesau und Kemnath an. Offen und ehrlich sagt er, dass das Erlernen von Volkstänzen nur mit guter Tanzschule möglich ist. Seit 1997 hat Hermann Burger vielen Tanzpaaren in Wiesau im „Bayerischen Hof“ die richtigen Tanzschritte beigebracht. Dabei hat er selbst relativ spät begonnen. „Ich habe Volkstanz auf einem Geburtstag meiner Schwester erstmals tanzen wollen. Aber ich schaffte es nicht. Dann habe ich mich eingelesen und selbst Kurse belegt mit meiner Frau“, erzählt der heute 72-jährige Tirschenreuther.
In Wiesau sind es am Freitagabend vier Paare, einige fehlen. Der Kurs beginnt mit „Trockenübungen“ ohne Musik, einstudiert wird neu ein „Durchgangswalzer“. Burger übt zuerst die Schritte ein. Walzer gehört dazu, das kann jeder. Nur formieren sich die Paare mitten unterm Walzer plötzlich zum Viererkreis mit Schrittfolgen ganz ohne Walzerschritt. Da gerät manches Mal, weil es neu ist, einiges durcheinander. Die Paare schaffen es nicht, sich für den Kreis zu fangen oder treten sich auf die Füße, was mit viel Lachen quittiert wird.
Wie viel Volkstanz kann man hier lernen? Die Frage ist einfach gestellt, die Antwort verblüffend unerwartet. „Ich kann 180 Tänze und habe 5000 Volkslieder dafür zur Verfügung“, sagt Hermann Burger, der am Laptop just einige geeignete Volkslieder zum „Durchgangswalzer“ in seinem Archiv sucht. „Ihr müsst in der Tanzrichtung stehen“, lautet sein Kommando, damit die Zusammenstöße sich ab jetzt beim Üben mit Musik in Grenzen halten.
Ein Ratschlag, der bei Volkstanz allgemein angewandt werden sollte. Volkstanz geht in Richtung „Kunst“ und hat mit lockerem Dahinschweben mit dem Partner auch nichts zu tun. Muss man immer nur Schritte zählen? Also nichts mit Flirten während dem Tanz? Zwei wichtige Fragen für einen, der Volkstanz lernen will. „Wenn man es kann, kann man auch flirten“, sagt Theresa Lauton und strahlt ihren Partner an. Na Gott sei Dank. Das wäre sonst schade gewesen ums Tanzvergnügen, wo doch der kleine Flirt immer besonders gut funktioniert zur romantischen Musik.
Romantisch ist Volkstanz auch, aber zu 99,9 Prozent wohl eher fetzig, schnell, wenn nicht rasant. Rasant geht’s auch weiter mit dem Training im Forster-Saal. Halt, noch eine Frage: „Wer kann’s lernen?“ Hermann Burger wiegt den Kopf, sagt: „Fast alle. Die, die bereits Standardtänze können und öfter tanzen, sind besser dran.“ Das Repertoire ist groß, die Anfänge leicht einzustudieren. Langsam, langsam geht es Burger an. „Einmal hin und einmal her. Rundherum, das ist nicht schwer.“ Nach diesen Satz, der schon beim Sprechen mitschwingt, werden die ersten Schrittfolgen immer weicher wie Butter am harten Tanzboden.
Burger zählt die gängigsten Volkstänze auf: Boarischer, Rheinländer („Einer der einfachsten“), Schottischer, Niederländischer, Weißblau, Polka, Schwedenwalzer, Bernhardswalzer, Dreher, Fensterltanz, Kikeriki, Mazurka, Schneller Walzer. Stopp! Strahlen im Gesicht: Polka, Dreher, schneller Walzer? Klingt wie Tanzkurs, Schulabschluss-Ball, erste Verliebtheit … Na gut, beim öffentlichen Volkstanzkurs ist es ein wenig anders. Die Tanzgruppe ist Jahrzehnte aus dem Schulalter heraus, das Tanzniveau ist um einiges angehobener als beim Schultanzkurs.
„Das sind alles Figurentänze“, erklärt Burger. Er zeigt mit seiner Frau Brunhilde einige Beispiele. „Gutes Schuhwerk, mit Ledersohle“ sei erforderlich, ruft er. Dann muss er wieder zählen. Sechs-Zehntel-Takt ist angesagt. Oder nicht? Hmmm? Vier Schläge, sechs Schläge, zurück zum Ausgangspunkt oder so? Bevor das jetzt falsch dargestellt wird und ein Interessierter aufgrund der Beschreibung beim praktischen Test über seine eigenen Füße fällt, nehmen wir ein professionelles Beispiel eines Figuren-Boarischen (Quelle: Wikipedia):
Auch hier gibt es etliche verschiedene Tanzformen. Beschrieben wird der „Lunzer Boarisch“:
Ausgangsstellung:
Tänzer und Tänzerin halten einander in Gegenüberstellung an beiden Händen.
1. Takt:
Tänzer einen Schritt links seitwärts und rechtes Bein vor dem linken kreuzen. Tänzerin dasselbe in der Richtung des Tänzers.
2. Takt:
Tänzer und Tänzerin dasselbe in entgegengesetzter Richtung.
3. bis 4. Takt:
Tänzer löst seine Linke von der Rechten der Tänzerin und dreht diese mit seiner erhobenen Rechten rasch zweimal rechts herum. Dann greift er mit seiner Linken unter ihrem ausgestreckten linken Arm durch nach der in ihrem Kreuz liegenden Rechten der Tänzerin.
5. bis 6. Takt:
Tänzer und Tänzerin schreiten in dieser Fassung mit vier Schritten einmal um ihre gemeinsame Achse: Fassung lösen und einander zuwenden.
7. Takt:
Beide Klatschen je einmal auf die Oberschenkel, in die eigenen Hände und wiederholen dieses Klatschen.
8. Takt:
Dreimaliges Klatschen in die in Brusthöhe erhobenen Hände des Gegenübers .
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