Weiden in der Oberpfalz
04.09.2025 - 08:49 Uhr

OTon: Eine Generation in der digitalen Blase

Smartphone und Kopfhörer: Damit rüstet sich, wer in der Öffentlichkeit möglichst für sich bleiben möchte. Sie sind ein Schutzschild gegen soziale Kontakte. Nur wenn das alle machen, was bleibt dann noch? Beobachtungen von Florian Bindl.

Smartphone und Kopfhörer: Damit rüstet sich, wer in der Öffentlichkeit lieber für sich bleiben möchte. Symbolbild: Elisa Schu/dpa
Smartphone und Kopfhörer: Damit rüstet sich, wer in der Öffentlichkeit lieber für sich bleiben möchte.

Vor ein paar Tagen hat mich ein Kollege bei Oberpfalz-Medien aus dem Auto heraus angesprochen. Ich habe gerade an einer Bushaltestelle gewartet, auf dem Weg zum Sport. Wie immer höre ich einen Podcast, macht man halt so. Es ging um irgendwas mit Bundesliga, Transferfenster, die Bayern.

Ich sehe das Auto vor mir, erkenne den Kollegen, der zu mir rübergrinst. Man darf sich meine Reaktion so vorstellen: Moment, Moment, ich hör’ ja nichts. Wo zur Hölle ist der Pause-Button? Kopfhörer raus. Ehe ich mit dem Kollegen zwei Worte wechsle, schaltet die Ampel auf Grün. „Also, ciao.“ – „Servus.“

Schon klar, aus einem Smalltalk an der Ampel entwickelt sich selten ein stundenlanges Gespräch. Das wäre für den Verkehrsfluss auch ungünstig. Zum Nachdenken haben mich diese paar Sekunden trotzdem gebracht.

Ich bin mir relativ sicher: Wenn irgendetwas von irgendjemandem in dieser Welt geplant war, dann dass Menschen miteinander reden, lachen, sich Fragen stellen und Antworten geben, dass sie eben „interagieren“. Mittlerweile scheint aber das Gegenteil zu passieren: gar nichts. Vor ein paar Wochen in Berlin habe ich mehrere S-Bahn-Fahrten erlebt, in denen im Abteil niemand auch nur ein Wort gesagt hat. Der Anteil derer, die starren Blickes auf ihrem Smartphone wischen, sich zusätzlich mit Kopfhörern abschotten, lag bei mindestens drei Viertel. Es wirkt, als müsste sich ein Großteil von uns gegen unerwartete soziale Kontakte eine Rüstung anlegen und die eigene Blase verteidigen. Andere Menschen? Abstand halten!

Vielleicht ist es insbesondere die jüngere Generation, mich eingeschlossen, die sich mehr und mehr in sich kehrt. Das ist gerade deshalb erstaunlich, als eine neue Studie feststellt: Die „Jungen“ leiden, mehr als ältere Generationen, an dieser Vereinzelung

Es ist nicht lange her, dass mehrere Startups jeweils eine ähnliche App entwickelt haben. Sie sollte über das Smartphone ermöglichen, dass Menschen, wenn sie zum Beispiel in einem ICE sitzen, Kontakt aufnehmen, um sich dann für die Dauer der Zugfahrt in der realen Welt zu unterhalten. Also etwa: Im Wagen 28 auf Platz 54 sitzt Manuela. Möchtet ihr euch unterhalten? Ich fand die Idee spannend, ziemlich genial, eine Marktlücke. Die Apps waren ein Total-Flop. Sie sind mittlerweile wieder verschwunden.

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Info:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.

 
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