Ob es eine Tee-Kur ist, Detox-Yoga, Intervall-Fasten oder eine spezielle Diät: Frühjahrskuren sind zu dieser Jahreszeit in aller Munde. Kein Wunder: Viele Menschen schleppen Ballast aus dem Winter mit sich herum, sei es in Form von über die Feiertage angefuttertem Hüftgold, Schwerfälligkeit durch Bewegungsmangel oder fehlender Energie wegen zu wenig Vitaminzufuhr und Sonnenlicht. Das kann unser Immunsystem schwächen, den Stoffwechsel träge machen und Frühjahrsmüdigkeit hervorrufen. Was wir als moderne Menschen häufig vergessen haben: Kleine Helferlein gegen den Frühjahrs-Blues sind überall um uns herum zu finden, an den Wegesrändern, im Garten, im Wald. Doch wir schauen achtlos über sie hinweg, schätzen sie gering oder reißen sie sogar frustriert aus dem Boden. Dabei können uns heimische Wildkräuter im Frühjahr genau die Zutaten bieten, die wir jetzt besonders brauchen. Sie helfen, den Körper von alten Schlacken zu reinigen und unsere Lebensgeister neu zu erwecken. Ganz nebenbei bringt ihre Ernte Bewegung, und wir fangen die ersten Sonnenstrahlen ein.
Entgiften und Entschlacken mit Wildkräutern
Für unsere Vorfahren gehörten heimische Wildkräuter zur ersten vitaminreichen Nahrung nach einem entbehrungsreichen Winter. Sie würdigten sie deshalb in Ritualen. Wer zum Beispiel die ersten drei Blüten einer Schlüsselblume direkt auf der Wiese andächtig verzehrte, dem sollte das ganze Jahr Gesundheit geschenkt sein. Das galt auch für den Verzehr der ersten Blüten von Gänseblümchen oder Veilchen. Doch die Schlüsselblume sollte die erste sein und den Menschen erst in die Lage versetzen, die Stoffe der anderen Heilpflanzen aufnehmen zu können, hieß es. Regional gibt es zahlreiche Sagen, Märchen und Bräuche rund um Frühjahrskräuter. Doch auch ohne den Glauben an Rituale lohnt sich der Blick auf heimische Beikräuter. Im Frühjahr wachsen genau die Pflanzen, die traditionell für das Entgiften und Entschlacken verwendet wurden. Dank der enthaltenen Vitamine, Flavonoide, ätherischen Öle, Bitter-, Gerb- und Schleimstoffe können sie Stoffwechsel und Verdauungstätigkeit anregen, das Blut säubern, Entzündungen hemmen, die Zellen vor freien Radikalen schützen, Nieren und die Leber – unser wichtigstes Entgiftungsorgan – reinigen sowie Schleim lösen, wenn uns jetzt doch noch eine Erkältung erwischt. In gekauftem Obst und Gemüse sind diese Inhaltsstoffe oft nur noch in sehr viel geringeren Mengen zu finden.
Bitterstoffe dämpfen Süßhunger
Bitterstoffe haben zudem den positiven Nebeneffekt, dass sie den Süßhunger dämpfen, die Fettverdauung ankurbeln und säureregulierend wirken. Die Krux: Unser heutiges Kulturgemüse enthält nur wenig Bitterstoffe. Diese wurden oft sogar gezielt herausgezüchtet, weil ein bitterer Geschmack nicht des Menschen Liebling ist. Auch viele Tiere mögen ihn nicht, weshalb Bitterstoffe für Wildpflanzen wichtig bei der Abwehr von Fressfeinden sind. Gerade diese Stoffe wirken aber positiv auf unseren Verdauungsapparat, der wiederum bekanntermaßen ein wichtiger Teil unseres Immunsystems ist. Bitterstoffe regen die Tätigkeit von Magen und Darm an und verbessern den Gallen- und Speichelfluss. Reichlich davon enthalten im Frühjahr beispielsweise Löwenzahn, Schafgarbe und Gänseblümchen.
Wenn Sie also ein bisschen "Anschub" fürs Frühjahr gebrauchen können, ziehen Sie doch einmal Unterstützung durch Wildkräuter in Betracht. Es muss auch nicht gleich eine ganz eiserne, wochenlange Kur sein. Tee, Pesto, Smoothie, Aufstrich, Suppe, Salat oder Backwaren: Sie werden überrascht sein, was Sie mit dem frischen Grün vor unserer Haustür alles anstellen können, wie gut es schmeckt und wie leicht sich die Verwendung in den Alltag integrieren lässt. Falls Sie einen Garten haben, in dem sie Beikräuter nicht bekämpfen, werden sie das ein oder andere nutzbare Frühlingskraut bereits dort vorfinden.
Frühjahrskur nach eigenem Geschmack
Eine richtige Frühjahrskur sollten Sie mindestens drei, besser sechs Wochen durchziehen. Dabei können Sie selbst entscheiden, ob Sie sich auf eine Pflanze oder Zubereitungsart konzentrieren und zum Beispiel eine Tee-Kur machen, oder ob Sie variieren. Bei einer Tee-Kur (3 Tassen pro Tag ohne Süßungsmittel) sollten Sie die Pflanze nach drei Wochen wechseln, damit sich der Körper nicht allzu sehr an die Wirkstoffe gewöhnt. Generell gilt: Weniger ist mehr, denn manche Menschen reagieren auf wildwachsende Heilpflanzen stärker als andere. Wenn Sie sich dazu noch an der frischen Luft bewegen und viel trinken, können Sie den Winter endlich loslassen und mit neuer Energie in den Frühling starten.
Die wichtigsten Sammeltipps im Frühjahr
- Grundsätzlich, aber vor allem im Frühjahr, mit Bedacht sammeln. Was früh blüht, gehört zu den wenigen Nahrungsquellen für die ersten Insekten.
- 1/3-Regel beachten: 1/3 für den Fortbestand der Pflanze stehen lassen, 1/3 für die Insekten und maximal 1/3 für sich selbst nutzen. Ist der Bestand sehr klein: stehen lassen.
- Nur das ernten, was man ganz sicher bestimmen kann.
- Nicht in Naturschutzgebieten und keine geschützten Arten sammeln.
- Ungeeignete Sammelorte: gedüngte / gespritzte Wiesen und Weiden, Gassigeh-Wege, Industriebrachen, Verkehrsstraßen.
- Lagerung: Wildkräuter am besten frisch verarbeiten. Aber sie halten sich, in ein feuchtes Tuch gewickelt, zwei bis drei Tage im Kühlschrank.
- Vorsicht: Bei Schwangerschaft, Vorerkrankungen der inneren Organe, bekannten Allergien (zum Beispiel Korbblütler oder Pollen) und der Verwendung für Kinder Rücksprache mit einem Arzt, Apotheker oder Kräuterkundigen halten.
- Geeignete Frühjahrspflanzen: Brennnessel, Gänseblümchen, Löwenzahn, Giersch, Spitzwegerich, Hasel, Schafgarbe, Scharbockskraut, Behaartes Schaumkraut, Gänsefingerkraut, Birke, Gundermann, Vogelmiere, Kleiner Wiesenknopf, Knoblauchsrauke, Hirtentäschel, Brunnenkresse.
- Die Autorin Sonja Kaute ist Redakteurin in der Weidener Lokalredaktion.
- 2021 Ausbildung zur zertifizierten Kräuterführerin, Stiftung Kultur- und Begegnungszentrum der Abtei Waldsassen.
- In der Serie "Kraft der Kräuter" stellt sie helfende, heilende und wohlschmeckende Wildkräuter und ihre Verwendung vor.
- Rechtlicher Hinweis: Einen Arztbesuch oder eine Beratung durch einen Apotheker ersetzen die recherchierten Inhalte und Hinweise nicht. Die Wirkweisen basieren teils auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, teils auf volksheilkundlichen Überlieferungen. Sie stellen keine Heilversprechen dar.
- Kontakt: sonja.kaute[at]oberpfalzmedien[dot]de

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