Am ersten Verhandlungstag in Sachen Bankautomatensprengung in Kastl hätte das Amberger Landgericht auf Antrag des Verteidigers Manuel Lüdtke (München) wegen eines seiner Meinung nach begangenen Fehlers bei der Frage einer zur Aburteilung zuständigen Instanz das gesamte Verfahren einstellen sollen. Damit scheiterte der Anwalt. Er zog auch den Kürzeren, als in der zweiten Prozessrunde am Montag, 18. September, von ihm die Forderung nach einem Sachverständigen-Gutachten laut wurde. Dieser Wunsch zielte darauf ab, die am 12. Dezember 2022 um 1.58 Uhr erfolgte Zündung eines in den Kastler Geldautomaten geleiteten Quantums Propangas exakt zu klären.
Die Hintergründe für diesen von der Ersten Strafkammer nicht akzeptierten Antrag waren im Verfahrensablauf deutlich geworden. Die beiden Beschuldigten, 44 und 22 Jahre alt, hatten in der fraglichen Nacht kurz vor dem Weihnachtsfest sogenannte Zündmunition benutzt, um durch eine Gasexplosion an größere Mengen Bargeld zu gelangen. Bei den von Richterin Elke Escher geführten Vernehmungen stellte sich allerdings heraus, dass das hoch sensible Gerät einen Mechanismus besaß, der zur Gefahrenabwehr ebenfalls eine Detonation hätte auslösen können.
Schaden: 901 Euro
Sowohl von Oberstaatsanwalt Tobias Kinzler als auch später von Richterin Escher wurde Anwalt Lüdtke mitgeteilt: "Es muss egal sein, wer die relativ kleine Explosion verursachte. Wichtig allein ist, dass beide Täter kamen und an das Geld im Automaten wollten." Der Schaden betrug 901 Euro.
In dem zweitägigen Verfahren war wiederholt von Dilettantismus und "unprofessionellem Vorgehen" die Rede. Richtig: Mit Automatensprenger-Banden, die nach wie vor aus den Niederlanden nach Deutschland einreisen, hatte der Fall in Kastl nichts zu tun. Die damals in der Marktgemeinde wohnenden und dort auch arbeitenden Osteuropäer wollten nach einem durchzechten Abend ans große Geld. Was herauskam, war für sie eine Bauchlandung sondergleichen.
Fünf Jahre Haft gefordert
Was Oberstaatsanwalt Kinzler in seinem Schlussvortrag an Strafen verlangte, wurde von Anwalt Lüdtke als "utopisch" abgetan. Der Ankläger sprach von schier unglaublichen "500 Geldautomatensprengungen, die sich 2022 bundesweit zugetragen haben". Von daher müsse bei solchen Delikten "generalpräventiv vorgegangen werden", führte Kinzler der Ersten Strafkammer vor Augen. Für den 44-Jährigen forderte er fünf Jahre Haft, für dessen Komplizen viereinhalb Jahre.
Die beiden Verteidiger Ekkehard Zink (Amberg) und Manuel Lüdtke (München) sahen das Ereignis von Kastl nicht ganz so dramatisch wie der Oberstaatsanwalt. Beide hielten die Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion für "nicht erwiesen", gingen von versuchtem Diebstahl und Sachbeschädigung aus. "Das kann für unsere Mandanten, die keine Vorstrafen haben, nur mit Freiheitsstrafen enden, die zur Bewährung ausgesetzt werden", hieß es.
Noch ein dritter Verdächtiger
Was danach kam, war ein erkennbarer Schock für die zwei Osteuropäer. Der 44-Jährige, Vater von vier kleinen Kindern, muss drei Jahre und neun Monate hinter Gitter. Sein 22-jähriger Landsmann ("Bitte lassen Sie mich heim zu meiner Familie) hat drei Jahre und drei Monate in Deutschland abzusitzen. In der Urteilsbegründung betonte Landgerichtsvizepräsidentin Escher: "Die Täter gingen gezielt vor. Sie wollten an einen größeren Geldbetrag kommen und scheiterten, als der Automat nichts hergab." Die am 22. Dezember 2022 erlassenen Haftbefehle gegen beide wurden aufrechterhalten.
Nur andeutungsweise kam im Prozess zur Sprache, dass es im Rahmen der Ermittlungen offenbar noch einen dritten Verdächtigen gab. Weil ihm nichts Stichhaltiges nachzuweisen war, stellte die Ermittlungsbehörde das Verfahren ein.
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