Amberg
31.01.2023 - 17:21 Uhr

Kirwa ist jetzt Immaterielles Kulturerbe der Unesco

Ein lauter Gurzerer reicht da nicht - das muss schon noch kräftiger gefeiert werden: Der Freistaat Bayern würdigt die Kirwakultur im Landkreis Amberg-Sulzbach, indem er sie in das Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufnimmt.

„Wir freuen uns riesig über die Aufnahme in die Bayernliste des Immateriellen Kulturerbes“, zitiert die Pressestelle des Landratsamtes Amberg-Sulzbach Landrat Richard Reisinger. Kurz nach 13 Uhr am Dienstag habe er von der in München getroffenen Entscheidung erfahren. "Es ist ein Zeichen der Wertschätzung für die Brauchtumspflege, die im Amberg-Sulzbacher Land aktiv gelebt wird", erklärt der Landrat. Und weiter: "Die traditionellen Kirwan stehen für unseren Landkreis und seine Bewohner. Kirwan sind ein bedeutender Bestandteil unserer Heimat und sie stehen auch für das soziale Miteinander und das Wir-Gefühl, auf das es in der aktuell schwierigen Zeit auch ankommt.“

Vom "kirwa.net" bis zum Denkmal

Rund 120 verschiedene Kirchweihfeste zählt der Landkreis Amberg-Sulzbach zwischen April und November, bayernweit ist diese Häufung wohl einzigartig. Das ist den Landkreisbewohnern natürlich schon länger klar, seit einigen Jahren laufen deswegen schon Bemühungen, dieses Alleinstellungsmerkmal hervorzuheben. Das geschah Ende der 1990er-Jahre mit dem flächendeckenden Einzug des Internets zunächst durch viel Eigeninitiative der Kirwa-Szene.

Kirwaburschen und -moidln aus dem ganzen Landkreis riefen das "kirwa.net" ins Leben, eine Online-Plattform, auf der sie sich endlich vernetzen und austauschen konnten. Gleichzeitig organisierte die Kirwagemeinschaft Poppenricht das legendäre Kreiskirwapaaretreffen. Im Jahr 2003 bestellte der Landkreis erstmals einen Kreisheimatpfleger mit dem Schwerpunkt Kirchweih-Brauchtum. Das von den Kirwagesellschaften gemeinsam gestiftete Kirwa-Denkmal bei der Stadtbrille in Amberg verleiht dem Gemeinschaftsgefühl seit 2008 Ausdruck.

Mit Studenten der Uni Regensburg

Gut 550 Arbeitsstunden haben Tourismusfachwirtin Regina Wolfohr und Kreisheimatpfleger Dieter Kohl für die Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen investiert. Recherchen in den hiesigen Archiven in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Archivaren waren die ersten Schritte. Parallel dazu wurde ein detaillierter Fragebogen für die Bevölkerung erstellt.

Ein Team von Studenten der Universität Regensburg unter der Leitung von Dr. Manuel Trummer hat die Umfragen durchgeführt und ausgewertet. Die Analyse brachte einige Erkenntnisse, die in die Bewerbung mit einfließen konnten. Die Befragten schickten unter anderem alte Fotos, Zeitungsartikel, Plakate, Speisekarten und Ausschnitte aus Chroniken ein, die für die Rekonstruktion der Kirwa-Historie von großer Bedeutung waren.

Die Aufnahme in das Verzeichnis des Bayerischen Immateriellen Kulturerbes bedeutet laut Regina Wolfohr und Dieter Kohl eine würdige Wertschätzung für die Erhaltung und Weiterentwicklung dieses umfangreichen und geschichtsträchtigen Brauchtumskomplexes. Auch Staatsminister Albert Füracker gratulierte dem Landkreis Amberg-Sulzbach: „Mit dem Bayerischen Landesverzeichnis will die Staatsregierung das reiche Erbe an immateriellen kulturellen Ausdrucksformen im Freistaat sichtbar machen und die Bedeutung lebendiger Traditionen und Ausdrucksformen noch stärker in den öffentlichen Fokus rücken."

Die Aufnahme in das Verzeichnis sei dabei auch ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung für den persönlichen Einsatz im Zusammenhang mit dem Erhalt und der Weitergabe der Traditionen. Füracker: "Dieses Engagement ist Ausdruck gelebter Heimatverbundenheit und leistet einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der kulturellen Vielfalt in Bayern.“

Neben den Kirwan im Amberg-Sulzbacher Land wurden auch der Evangelische Hochzeitszug aus der ehemaligen Grafschaft Wertheim (Unterfranken) und das Neustädter Kinderfest (Oberfranken) in das Landesverzeichnis aufgenommen. Mit den Neuaufnahmen umfasst das Bayerische Landesverzeichnis nunmehr 69 Einträge.

Hintergrund:

Landesverzeichnis des Kulturerbes

  • Seit dem Jahr 2003 stellt die Unesco im Rahmen des „Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes“ kulturelle Ausdrucksformen in den Fokus der Öffentlichkeit -darunter den spanischen Flamenco, die japanische Puppentheatertradition oder die iranische Teppich-Knüpfkunst.
  • Überall auf der Welt soll überliefertes Wissen und Können, das einen wesentlichen Bestandteil der Alltagskulturen ausmacht, als immaterielles Kulturerbe sichtbar gemacht werden.
  • Deutschland ist dem Unesco-Übereinkommen im Jahr 2013 beigetreten. Neben dem bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes gibt es in Bayern ein eigenes Bayerisches Landesverzeichnis.
  • Alle Einträge im Bayerischen Landesverzeichnis (derzeit 69) sind im Internet auf der Seite www.ike.bayern.de dargestellt.
 
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