In der Oberpfalz sind katholische Kirchen abzugeben

Amberg
28.12.2022 - 17:38 Uhr
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Tennisspielen in einer früheren Kirche – in Mailand ist dies möglich. Auch in der Oberpfalz stehen katholische Gemeinden vor der Frage: Was soll aus den Kirchen werden, die sie nicht mehr brauchen?

Knapp 62 Jahre nachdem die neue Pfarrkirche St. Barbara in Maxhütte-Haidhof im Landkreis Schwandorf gebaut worden ist, braucht die katholische Pfarrgemeinde diese nicht mehr. Das am 24. September 1961 eingeweihte Gotteshaus ist zu groß geworden. Wenn es gut geht, kommen rund 70 bis 80 Gläubige zur sonntäglichen Messe. Für diese gibt es in der alten Pfarrkirche aus dem Jahr 1926 mit ihren 270 Sitzplätzen ausreichend Platz. Seit dem Frühjahr wird nur mehr diese genutzt. Dagegen hat die Kirche aus dem Jahr 1961 rund 800 Plätze – und das Gebäude weist inzwischen eine Reihe von Mängeln auf.

Entschieden ist noch nichts, macht Pfarrer Steffen Brinkmann auf Anfrage von Oberpfalz-Medien deutlich. Aber der 39-jährige Geistliche hat Bürgermeister Rudolf Seidl und Landrat Thomas Ebeling bereits informiert, dass die Kirche abzugeben wäre. Damit ist die Debatte eröffnet. Der Anstoß dazu sei vom Bistum gekommen, berichtet Brinkmann. Die Pfarrgemeinde sollte klären, welche Gebäude sie brauche und welche nicht.

Arbeitshilfe der Bischofskonferenz wird überarbeitet

Sollen nicht mehr benötigte Kirchen verkauft werden? An wen? Sollen Gotteshäuser abgerissen werden? Fragen, die sich auch in Bayern vermehrt stellen dürften, erwartet nicht nur Pfarrer Brinkmann. Er kommt aus Paderborn. In den Bistümern in Nordrhein-Westfalen stellt sich die Frage nach der Zukunft nicht mehr benötigter Kirchen schon länger – und vor allem viel nachdrücklicher.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat schon im Jahr 2003 eine Arbeitshilfe zur "Umnutzung von Kirchen" beschlossen. Diese ist zwar nicht rechtlich bindend, aber sie sei "ein deutlicher Konsens der Bischöfe zu Fragen der Umnutzung von Kirchen", heißt es auf Anfrage. Da die Veröffentlichung bald 20 Jahre zurückliege, werde diese "derzeit überarbeitet und soll deutlich erweitert unter anderem Titel Mitte 2023 erscheinen".

Durchschnittlich 28 katholische Kirchen sind in den vergangenen fünf Jahren bundesweit jährlich profaniert worden – also entwidmet worden. In den fünf Jahren davor waren es jährlich durchschnittlich 32 Kirchen. Manche Bistümer, wie zum Beispiel Essen und Hamburg, hätten schon kurz nach der Jahrtausendwende viele Kirchen profaniert. Laut den Zahlen, die dem Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz vorliegen, ebbe diese Profanierungswelle seit dem Jahr 2015 aber ab.

In zehn Jahren zwei Kirchen im Bistum Regensburg aufgegeben

Das Bistum Regensburg mit seinen rund 2000 Kirchen und Kapellen ist von dieser Welle bisher verschont worden. In den vergangenen zehn Jahren wurden nur zwei Kirchen profaniert: im Jahr 2016 die Bürgerspitalkirche in Amberg und im Jahr 2018 St. Ullrich in Regensburg. Derzeit stünden keine Kirchen zum Verkauf. Aber auch in der Diözese ist klar, dass sich das ändern könnte. "Vor dem Hintergrund sinkender Priesterzahlen und dem Rückgang von Kirchenmitgliedern muss auch im Bistum Regensburg darüber nachgedacht werden, wie man mit kirchlichen Gebäuden (Pfarrheime und -häuser) umgeht, die nicht mehr genutzt werden. Das betrifft auch Kirchengebäude", teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. "Hier muss man aber jeden Fall einzeln betrachten und dann in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Kirchenstiftungen eine Entscheidung treffen."

Ein Fall, der seit vier Jahren die Runde macht, ist die Frauenkirche in Amberg. Stadtpfarrer Thomas Helm hat schon im Jahr 2018 deutlich gemacht, dass die Pfarrgemeinde das Gotteshaus nicht mehr benötigt und gerne verschenken würde. Es gibt zu viele Kirchen für zu wenige Gläubige – allein in der Pfarrei St. Martin sind es vier Kirchen. Zuletzt musste die katholische Pfarrgemeinde im Jahr 2019 Geld in die Frauenkirche investieren. Eine Maßnahme zur Notsicherung. Handwerker setzten das Dach instand, damit der jahrhundertealte, sanierungsbedürftige Sakralbau nicht noch mehr Schaden nimmt.

"Gedanken gibt es viele", sagt Helm. Der Pfarrer selbst hatte die Idee in der Kirche ein Kolumbarium einzurichten, einen Urnenfriedhof. Im Jahr 2021 haben Regensburger Architekturstudenten ihre Ideen vorgestellt, etwa einen multifunktionalen Veranstaltungsraum. Zwei Probleme wohnten all diesen Ideen aber inne: Es braucht jemanden, der bereit ist, Geld in das Gebäude zu stecken – und eine neue Nutzung sollte auch dem sakralen Charakter gerecht werden. Nicht alles wäre akzeptabel.

Baustopp im Bistum Eichstätt

Im Erzbistum Bamberg gab es "in den vergangenen Jahren immer wieder Fälle, dass in der Nachkriegszeit errichtete Ersatzbauten, die inzwischen nicht mehr benötigt werden, profaniert und abgerissen wurden", teilte ein Sprecher des Bistums auf Anfrage mit. In diesem Jahr sei eine Kirche profaniert worden, "die seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt wurde". Schon vergangenes Jahr hat das Bistum Eichstätt zur Sicherung des Haushalts einen Baustopp verhängt und die Kirchenstiftungen aufgefordert, Pastoralraum- und Immobilienkonzepte zu entwickeln. Die Gemeinden sollen klären, welche Gebäude für das pastorale Angebot notwendig sind. Es gehe auch um die Frage, welche andere Nutzung möglich wäre. "Kirchengebäude sollen hierbei nicht kategorisch ausgeschlossen werden, wenngleich auch die Lösungsfindung dafür deutlich schwieriger ist als bei Pfarrhäusern und Pfarrheimen", erläutert Josef Heinl, Abteilungsleiter Kirchenstiftungen/Bau und technische Dienste.

In diesem Jahr ist im Bistum Eichstätt mit der Schlosskapelle in Otting im Landkreis Donau-Ries eine Kirche profaniert und an die Kommune abgegeben worden, schreibt die Pressestelle des Bistums auf Anfrage. Sie stehe "für standesamtliche Trauungen und auch andere Veranstaltungen, die mit der eigentlichen Intention eines Kirchengebäudes nicht im Konflikt stehen, zur Verfügung". Mit der Frage, ob letzteres beim Tennisplatz in der Mailänder Kirche der Fall ist, muss sich keine Gemeinde mehr auseinandersetzen. Der Sakralbau wurde bereits im Jahr 1808 von Napoleon säkularisiert – und seither nicht mehr als Kirche genutzt.

"Umnutzung von Kirchen" Arbeitshilfe Nr. 175 der Deutschen Bischofskonferenz

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Kelheim13.01.2022
Hintergrund:

Profanierung

  • Eine Profanierung ist in der katholischen Kirche an Regeln gebunden.
  • Sie das Gegenteil der Kirchenweihe. Der Sakralbau wird entwidmet, also verweltlicht.
  • Eine Entwidmung einer Kirche wird durch ein Dekret des Diözesanbischofs angekündigt.
  • Beim Abschiedsgottesdienst wird das Allerheiligste aus der Kirche getragen und das Ewige Licht gelöscht.
  • Zudem werden Reliquien, alle liturgischen Geräte und Einrichtungsgegenstände entfernt und „an einem würdigen Ort aufbewahrt“.
Kirchen Kultur
Die Frauenkirche in Amberg, seit Ende 16. Jahrhunderts auch Hofkapelle genannt. Bis zum 14. Jahrhundert war an diesem Platz eine Synagoge. Die Juden wurden im Jahr 1391 aus der Stadt vertrieben.
 
 

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