Amberg
16.03.2020 - 12:17 Uhr

Vortrag an der OTH: Der Neuen Rechten auf der Spur

Die Neue Rechte und die Kirche, wie passt das zusammen? In ihrem Vortrag an der OTH Amberg erklärt die Publizistin Liane Bednarz, wie sich Rechtspopulisten christlicher Symbolik bedienen, um in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen.

Aufdecken, demaskieren, abgrenzen. Nein, der Vortrag von Liane Bednarz an der OTH Amberg hatte nichts mit dem Coronavirus zu tun. Die Hamburger Publizistin und Juristin referierte über ihr Herzensthema, den Kampf gegen Rechts, genauer Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus. Die Reihen im Siemens-Innovatorium waren, der virulenten Ausnahmesituation zum Trotz, gut gefüllt. Auch wenn einige der Zuhörer ganz bewusst den Nebensitz freihielten.

Die Abendveranstaltung war Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus in Amberg-Sulzbach. Und sie beschäftigte sich gleich mit einem politischen Thema, das so sehr polarisiert und spaltet wie wenige andere: die Neue Rechte. Bednarz präsentierte die Ergebnisse ihrer Nachforschungen, die sie in ihrem Buch "Die Angstprediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirche unterwandern" niedergeschrieben hat.

Amberg09.03.2020

"Entscheidend ist", das betont Bednarz mehrfach, "die Begriffe konservativ und rechts zu trennen." Sie selbst sei gläubige Christin und konservativ eingestellt. "Ich habe deshalb begonnen, sehr kritisch hinzuschauen, wenn diese Begriffe vermischt werden." Zentrale Werte des Konservatismus seien: Heimat, Familie und Tradition. Diese würden zwar auch für rechte Gruppierungen gelten, würden aber in konservativen Kreisen nicht ausgrenzend verstanden.

Genau bei dieser Verwischung der Begrifflichkeiten würden nun, so sieht es Bednarz, die Neuen Rechten ansetzen: "Sie bezeichnen sich selbst als konservativ. Das macht es ihnen leicht, in die Mitte unserer Gesellschaft vorzudringen." Und es unterscheide sie von anderen Rechten, zum Beispiel Neonazis. Dazu komme, dass sich Rechtspopulisten - hier nennt sie explizit den "rechten Flügel" der AfD, etwa um Björn Höcke im Landtag von Thüringen - als Beschützer des deutschen Volkes gerierten und ein "Anti-Establishment-Denken" ins Land trügen.

Was haben aber nun die Christen damit zu tun? Welche Rolle spielt Religion in diesen Kreisen? "Die Neue Rechte gibt sich explizit christlich", erklärt Bednarz. Der Wahrheitsanspruch aus dem Christentum, also das Verständnis als unbedingt gültige Wirklichkeit, werde von den Rechtspopulisten auf ihre Politik übertragen. Die Folge laut Bednarz: "Ein politreligiöses Denken." Tenor der rechten Glaubenslehre: Die sogenannte "Kanzler-Diktatur" versuche einen Bevölkerungsaustausch herbeizuführen. Die Neue Rechte gaukele, sagt Bednarz, den Christen eine "Infiltration durch fremde Kulturen vor".

Ihre Erläuterungen stützt sie regelmäßig auf Video-Ausschnitte von AfD-Kundgebungen oder Verlautbarungen rechter Autoren. Feindbilder der rechten Christen seien stets der Islam, die liberale Ordnung und der Genderbegriff.

Als weitere Schnittstellen zwischen traditionalistischen Christen und der Neuen Rechten hat sie beispielsweise die ablehnende Haltung gegenüber Abtreibung oder Homosexualität ausgemacht. Das Bild eines AfD-Wahlplakates aus dem Saale-Kreis sorgt für ein Raunen im Hörsaal. Darauf steht, über dem Bild eines christlichen Gotteskriegers, "Gott will es! AfD stärkste Partei im Osten".

Eine Frage aus dem Publikum, welche Menschen sich denn nun der Neuen Rechten anschlössen, beantwortet die Publizistin so: "Meistens sind es grundsätzlich missmutige Leute. Sie stülpen sich dann das Christentum über, um zur politischen Mitte hin anschlussfähig zu sein." Außerdem seien sie autoritätsgläubig, ja, sie würden regelrecht nach einer Figur suchen, der sie bedenkenlos folgen könnten.

Konservativ oder rechts?

Ihren knapp 90-minütigen Vortrag schließt Bednarz mit einem tagesaktuellen Video, das Thomas Haldenwang, den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zeigt. Am selben Tag ist beschlossen worden, dass der genannte "rechte Flügel" der AfD seit Donnerstag unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Für Bednarz ein untrügliches Zeichen der Hoffnung, denn: "Der Verfassungsschutz ist nicht irgendeine obskure Organisation. Die wissen, was sie tun."

Eine Woche später, am Donnerstag, 19. März, sollte nun eigentlich eine Veranstaltung rund um das Thema "Islamismus und Salafismus" und deren Radikalisierungstendenzen stattfinden. Der Vortrag dürfte aber wegen des Coronavirus voraussichtlich ausfallen.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.