Auerbach
05.02.2019 - 17:32 Uhr

Grafenwöhr: Grüne fordern "Ende des Krachs"

Beim Schießlärm vom Übungsplatz Grafenwöhr könnte die Bundesregierung die US-Armee sehr wohl "härter an die Kandare" nehmen - doch sie tue es nicht: Das kritisiert der Oberpfälzer Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Schmidt.

Die US-Armee trainiert auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr (Archivbild): Für die Anlieger ist das eine Belastung - die Beschwerden gegen den Lärm haben zugenommen. Archivbild: Petra Hartl
Die US-Armee trainiert auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr (Archivbild): Für die Anlieger ist das eine Belastung - die Beschwerden gegen den Lärm haben zugenommen.

Schmidt fordert ein Ende "des großen Krachs". Er bezieht sich in einer Pressemitteilung vom Dienstag auf eine Anfrage seiner Fraktion zum Lärmschutz am Übungsplatz Grafenwöhr vom 11. Dezember. Aus dem 14-seitigen Schreiben von Thomas Silberhorn, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, folgert Schmidt, dass die Bundesregierung "mit dem Erlass einer nachträglichen Anordnung" durchaus ein Instrument in der Hand habe, um einen besseren Lärmschutz in Grafenwöhr durchzusetzen. "Trotzdem lässt sie diese Möglichkeit nach wie vor ungenutzt."

Die Anwohner im Bereich Auerbach kämpften schon lang gegen den Übungslärm am Rande von Nitzlbuch, "aber es tut sich nicht das Geringste zur Verbesserung der Situation". Vielmehr hätten sich 2018 die Beschwerden gehäuft, schreibt Schmidt: "Kein Wunder, immerhin feuern Panzer und andere Einheiten mit großkalibrigen Waffen teilweise direkt an der Platzgrenze." Dabei habe eine wissenschaftliche Stellungnahme schon vor Jahren ergeben, "dass der Betrieb in Grafenwöhr schalltechnisch jenseits von Gut und Böse ist". Für Schmidt wird es "allerhöchste Zeit, dass die deutschen Behörden von ihren Möglichkeiten Gebrauch machen und den zuständigen US-Streitkräften auch mal den Marsch blasen. Die Zeit des großen Krachs muss im Interesse der Bürger endlich ein Ende haben."

Aktualisiert
Auerbach31.01.2019
Im Blickpunkt:

Lärmschutz in Grafenwöhr: Das sagt die Bundesregierung

Die Grünen zitierten in ihrer Anfrage zum Lärmschutz in Grafenwöhr das Bundesgesundheitsministerium, das Lärm als Problem bezeichnet: Dies könne „zu relevanten Gesundheitsrisiken, vor allem für das Herz-Kreislauf-System, führen“. Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort darauf, dass der Übungsplatz Grafenwöhr „den US-Streitkräften gemäß dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut zur ausschließlichen Benutzung überlassen“ sei. Details regele eine Vereinbarung zwischen US-Armee und Verteidigungsministerium.

Aus der Antwort des Verteidigungsministeriums an die Grünen:

Für den Lärmschutz ist das Joint Multinational Training Command Grafenwöhr/Hohenfels verantwortlich. Oberste technische Instanz ist das Verteidigungsministerium.

Vom 21. bis 23. April 2009 hat die Bundeswehr umfangreiche Lärmmessungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden „im Interesse der Landes- und Bündnisverteidigung“ aber nicht öffentlich gemacht, da dies „Rückschlüsse auf das beübte Wehrmaterial fremder Staaten und damit deren militärische Fähigkeiten“ zulasse.

Lärm-Messungen vom September und Oktober 2018 auf dem Übungsplatz, ergänzt durch Langzeitmessungen bei Anwohnern, werden derzeit ausgewertet. Das Ergebnis liege „frühestens Ende des ersten Quartals 2019“ vor.

Die Bundesregierung bewertet die Lärmentwicklung von 2012 bis 2017 „als zufriedenstellend“. Weil sich wegen einer veränderten sicherheitspolitischen Lage die Übungen seit 2017 intensiviert und sich Beschwerden vermehrt hätten, seien 2018 neue Messungen erfolgt.

Eine nachträgliche Anordnung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist möglich. Davon wurde „aufgrund der laufenden Konsultationen“ aber bisher kein Gebrauch gemacht. Scheitern Konsultationen, könne eine solche Anrodnung „durch Erhöhung des formalen Drucks zur Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Betreiberpflichten beitragen.“

Die Vereinbarung zur Nutzung von Übungsplätzen zwischen Verteidigungsministerium und dem US-Heer in Europa kann im gegenseitigen Einvernehmen geändert werden. Davon „ist bislang kein Gebrauch gemacht worden“.

Der Übungsplatz-Betrieb wird regelmäßig kontrolliert, aber auch „anlassbezogen“, nach Anwohner-Beschwerden. Dies erledigt die öffentlich-rechtliche Aufsicht für Arbeitssicherheit und technischen Umweltschutz des Bundeswehr und bei den Gaststreitkräften (ÖrABw). Sie gibt „wenn notwendig“ auch weitere Lärmmessungen in Auftrag.

„Vonseiten der ÖrABw besteht Konsultationspflicht bis zur höchsten Ebene des Regierungs- und Verwaltungshandelns, falls erforderlich über das Bundesverteidigungsministerium mit der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland“. In den vergangenen zehn Jahren gab es zwei Konsultationen – die letzte 2018, die 2019 fortgesetzt wird.

Der Übungsplatz Grafenwöhr ist für Erhalt „und Verbesserung der Verteidigungsbereitschaft der Nato-Streitkräfte von herausragender Bedeutung“. Schon deshalb, weil er der einzige der US-Armee in Europa mit „Schießbahnen für große Kaliber“ ist, den auch andere Nato-Staaten nutzen können. „Der Übungsbetrieb trägt wesentlich dazu bei, die Einsatzbereitschaft der Nato-Streitkräfte für den Verteidigungsfall und den Einsatz in Krisengebieten dauerhaft sicherzustellen.“

Die immissionsschutzrechtliche Überwachung beinhaltet Erfassung und Bewertung von Schießzeiten, Lärm und Feinstaubimmissionen.

Umweltbelange haben durch entsprechende Gesetze „sehr hohes Gewicht“ bei Planungen und Maßnahmen des militärischen Übungsbetriebes. Sofern militärische Erfordernisse nicht in Einklang mit Naturschutz- oder Umweltbelangen gebracht werden können, müssen Letztere aber zurückstehen.

 
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