Gemüse fermentieren: Was das ist und wie es funktioniert

Friedenfels
10.08.2023 - 10:11 Uhr
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Die Fermentation ist ein uraltes Verfahren zur Haltbarmachung von Lebensmitteln. Michael Wildenauer aus Friedenfels ist gelernter Koch mit Erfahrung in dieser Technik. Er gibt Tipps.

Michael Wildenauer aus Friedenfels (Landkreis Tirschenreuth) kennt sich als gelernter Koch und Biomarktbesitzer gut mit Lebensmitteln aus. In seinem eigenen Garten baut er Gemüse an. Aus diesem Biogemüse macht er unter anderem Sauerkraut (klassisch im Tonfass) und fermentierte Karotten.

„Fermentieren gibt’s schon ewig. Um Lebensmittel länger haltbar zu machen“, sagt der Friedenfelser. Im meist mehrwöchigen Fermentationsprozess entwickeln sich gute Bakterien im Gemüse, die beim Verzehr der Darmflora zugute kommen.

Nützliche Bakterien

Während des Fermentierens liegt das Gemüse in einer leichten Salzlake in einem Gefäß. Es kommt zu einem sogenannten anaeroben Prozess, bei dem im Gefäßinhalt Milchsäurebakterien entstehen. Im weiteren Fermentationsverlauf entwickeln sich diese nützlichen Bakterien weiter. „Durch die Milchsäurebakterien wird dann beim Verzehr die Verdauung angeregt“, weiß Michael Wildenauer. Nach maximal rund sechs Wochen ist ihr Wachstum abgeschlossen, das Ferment wäre aber schon zuvor bereits verzehrbar. „Je nach Gemüse dauert der Fermentationsprozess zwei bis sechs Wochen. Dabei wird das Lebensmittel leicht säuerlich und ist dadurch längere Zeit haltbar.“ Um den Fermentationsprozess zu stoppen, stellt man das Gefäß an einen kühlen Ort.

Neben dem Klassiker Sauerkraut gibt es beispielsweise auch fermentierte Zucchini, Karotten, Gurken, Bohnen oder Tomaten (Rezepte dazu findet man beispielsweise im Internet oder in Büchern). Zum Fermentieren eignet sich frisch geerntetes Gemüse aus dem eigenen Garten oder aus dem Laden. „Es sollte einwandfreies Gemüse sein, am besten ganz frisch und ohne Druckstellen“, empfiehlt Michael Wildenauer. Außerdem braucht man Gefäße. „Es gibt fürs Fermentieren extra Gläser mit luftdurchlässigem Deckel, denn während des Fermentationsprozesses dürfen sie nicht luftdicht verschlossen sein.“ Alternativ gingen auch Schraubgläser, die beispielsweise mit einem Geschirrtuch abgedeckt werden können.

Salzlake zum Gemüse

Michael Wildenauer beschreibt, wie er beim Fermentieren von Zucchini vorgeht: „Sauberkeit ist das A und O." Zuerst spült er deshalb seine Behälter gut aus. Er nimmt Weckgläser mit einer breiten Öffnung (es gibt auch spezielle Fermentiergläser im Handel). Zum Schnippeln greift er zu sauberen Küchenwerkzeugen. „Zuerst die Zucchini in Würfel oder feine Stifte schneiden.“ Nach Belieben den Glasboden mit in feine Scheibchen geschnittenem Knoblauch oder Kräutern füllen. „Dann das Gefäß mit der kleingeschnittenen Zucchini auffüllen – sie sollte dicht beieinander liegen – und sie komplett mit einer Wasser-Salz-Lösung bedecken.“

Die Salzlake stellt Michael Wildenauer selbst her. Dafür verwendet er Salz ohne zugesetztes Jod und Leitungswasser. Für ein Glas mit 500 Milliliter Inhalt und eine zweiprozentige Salzlake für das Fermentieren seiner Zucchini (dieses Mischverhältnis eignet sich auch für Karotten) mischt Michael Wildenauer einen halben Esslöffel Salz (beispielsweise Meersalz) mit 500 Milliliter Wasser, im besten Fall gefiltertes. Sein Tipp: „Das Gemisch kurz aufkochen, dann löst sich das Salz besser auf.“

Raumtemperatur ideal

Beim Befüllen der Gläser sollte die Salzlake Raumtemperatur haben. Dabei darauf achten, dass zum Verschluss hin noch etwa zwei Zentimeter Luft bleibt, das Glas also nicht ganz gefüllt wird. Dann den Gefäßinhalt mit einem geeigneten Objekt bedecken. „Das Gemüse soll durchgehend mit Flüssigkeit bedeckt sein. Da es auftreibt, muss man es beschweren. Sonst könnte es schimmeln“, sagt Wildenauer. Er verwendet saubere Steine oder Holz, es gibt auch spezielle Beschwerungen. „Der beschwerende Gegenstand sollte die Zucchini aber nicht zerdrücken. Das Gefäß dann nicht luftdicht verschließen, weil Gase entweichen müssen.“

„Zucchini brauchen ungefähr eineinhalb bis zwei Wochen“, sagt Wildenauer. Bedeutet: das Glas etwa anderthalb bis zwei Wochen an einen warmen Ort stellen, aber in kein direktes Sonnenlicht (Michael Wildenauer empfiehlt eine Raumtemperatur um die 16 Grad Celsius). „Der Fermentationsprozess braucht Wärme und eine möglichst konstante Temperatur. Je wärmer der Ort ist, desto schneller geht es.“ Während des Fermentationsprozesses das Gemüse immer wieder beobachten und auch die Raumtemperatur im Blick behalten. „Wenn die Temperatur schwankt, kann sich auch die Zeit des Fermentationsprozesses“, erklärt Wildenauer.

Sanfte Säure entsteht

Ob das Ferment verzehrfertig ist, lässt sich am leichtesten durch Verkosten herausfinden. Und am Fortschritt der Fermentation, der beobachtbar ist – und dessen Dauer auch von der Gemüsesorte abhängt: „Beim Fermentieren blubbert es. Es lebt ja. Und der Prozess hört nach gewisser Zeit auf.“ Dabei entwickle das Gemüse auf natürliche Weise eine sanfte Säure. Den Geschmack von Fermentiertem beschreibt Michael Wildenauer als leicht säuerlich, aber anders als zum Beispiel den Geschmack von Essiggurken. „Es ist ein ganz anderes säuerliches Aroma. Das muss man einfach mal probieren, dann weiß man, wie es schmeckt.“ Auch die Bissfestigkeit des Ferments kann man nach eigenem Belieben festlegen.

Ist die gewünschte Bisskonsistenz erreicht, das Ferment im verschlossenen Glas in den Kühlschrank stellen. „Durch das Kühlen wird der Fermentationsprozess unterbrochen.“ Idealerweise hat es im Kühlschrank eine Temperatur um die 4 Grad Celsius. Haltbar ist das Fermentierte dort dann bis zu sechs Monate. Empfehlenswert ist es, vor dem Verzehr eines schon länger gelagerten Fermentiertem eine Geruchsprobe zu machen. Riecht es verdorben oder hat sich Schimmel gebildet, sollte es komplett weggeworfen werden.

Langsam herantasten

Bei der Zubereitung des fermentierten Gemüses ist auch Kreativität gefragt. „Fermentiertes kann man roh essen, aber auch anbraten. Dabei verschwindet der säuerliche Geschmack“, sagt Michael Wildenauer. Der empfiehlt, fermentierte Lebensmittel als Beilage zu essen. „Wenn man Neuling ist, langsam an fermentierte Nahrung herantasten.“ Denn der Darm brauche eine gewisse Zeit, um sich an die guten Milchsäurebakterien im Ferment zu gewöhnen.

„Es kann sein, dass der passende Bakterienstamm nicht oder nicht mehr in großer Anzahl im Körper vorhanden ist.“ Dann brauche das Verdauungssystem erst einmal Zeit, sich daran zu gewöhnen. Die Portionsmengen von Fermentiertem könnten dann nach und nach größer gewählt werden. Beginner können sich für ihren ersten Fermentations-Versuch mit kleinen Mengen herantasten.

Hintergrund:

Zur Person: Michael Wildenauer

  • Kurzbiografie: 33 Jahre, lebt in Friedenfels im Landkreis Tirschenreuth, ist ausgebildeter Koch, betreibt seit Frühjahr 2023 einen Biomarkt in Erbendorf.
  • Fermentation: Zur Fermentation kam Michael Wildenauer aus eigenem Interesse. Vieles bereitet er „nach Überlieferung“ zu oder liest in Rezeptbüchern nach. In seiner Freizeit fermentiert er am liebsten Weißkraut, traditionell im Tonfass, in dem es dann zu Sauerkraut wird.
 
 

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