Auf einem Feldweg hinter dem Friedhof in Kaltenbrunn sagt Andreas Schlagenhaufer: "Wir sind da." Der frühere Pfarrer und Anti-WAA-Aktivist hat sich auf einen Artikel im Neuen Tag gemeldet, der sich um ein mysteriöses Gemälde drehte. Die Weidenerin Susanne Kempf (58) hatte es von ihrer Mutter geerbt und stand vor einem Rätsel: Welche Landschaft zeigt das Bild? Schlagenhaufer glaubt, das Motiv zu erkennen.
Zu sehen sind eine Berglandschaft, einige Felder und ein Gebäude, das einer Scheune ähnelt. Geschaffen hat es der Künstler Hans May-Korbach, der den letzten Teil seines Lebens in Kaltenbrunn verbrachte. Laut der Inschrift auf der Rückseite des Bildes malte der Künstler es im Jahr 1947. Es trägt den Titel "Morgenlicht in der Oberpfalz".
Blick auf Kohlberger Höhen
Schlagenhaufer meint, auf dem Bild einen Blick von Kaltenbrunn nach Kohlberg auf die Kohlberger Höhen zu sehen. Der linke Berg im Bild sei der Kohlbühl. "Der rechte ist inzwischen vom Wald zugewachsen", sagt der ehemalige Kohlberger Pfarrer. Wegen seiner Tätigkeit war er früher öfter in Kaltenbrunn, um dort Gottesdienste abzuhalten. Ihm sei die Ansicht des Gemäldes bekannt vorgekommen. Außerdem weiß Schlagenhaufer: "In Richtung der Kohlberger Höhen geht von hier aus gesehen die Sonne auf." Da das Gemälde mit "Morgenlicht in der Oberpfalz" betitelt ist, sei es gut möglich, dass May-Korbach eben diese Ansicht malte. Beim Gebäude im Vordergrund geht Schlagenhaufer davon aus, dass es aus künstlerischen Aspekten ergänzt wurde.
Doch er ist nicht der einzige, der glaubt, den Anblick wiederzuerkennen. Auch Norbert Tretter meldete sich bei Kempf, nachdem er den Artikel im Neuen Tag gelesen hatte. "Ich habe morgens die Zeitung aufgeschlagen und dachte sofort: Das ist die Kösseine." Tretter ist südlich des Bergmassivs im Fichtelgebirge in Friedenfels aufgewachsen, seine Mutter stammt aus Hohenhard bei Waldershof nahe der Kösseine. Daher und wegen seiner Hobbys, dem Wandern, Mountainbiken und Langlaufen im Fichtelgebirge, kenne er sich gut aus.
Oder doch die Kösseine?
Er ist sich sicher, dass der Künstler das Bild im heutigen Kellerwiesenweg unterhalb der Gaststätte "Marktredwitzer Haus" gemalt haben muss. "Die Perspektive auf den Doppelgipfel passt perfekt", befindet der Hobbyfotograf. Die Erhebungen, die am linken Bildrand angedeutet sind, könnten in seinen Augen der Schneeberg und der Ochsenkopf sein. Im rechten Teil des Gemäldes ist laut ihm die Dreier-Formation der Gipfel zu sehen, die zur Luisenburg gehört.
Die Funkmasten, die heute auf den Kuppen stehen, seien erst nach 1945 aufgebaut worden. Außerdem ist Tretter sich sicher, dass unterhalb des heutigen Marktredwitzer Hauses einige Gehöfte standen, die es nicht mehr gibt. Eine Anwohnerin am Kellerwiesenweg bestätigt das. "Das könnte schon hier sein", sagt sie, als sie das Gemälde von May-Korbach betrachtet. Allerdings geht von Hohenhard aus gesehen die Sonne in Richtung der Kösseine nicht auf, sondern unter, was nicht zum Titel des Gemäldes passen würde.
Mehrere Hinweise auf Kösseine
Neben Norbert Tretter meldeten sich unabhängig voneinander drei weitere Personen, die glaubten, die Kösseine und die Gipfel der Luisenburg auf dem Gemälde zu erkennen. Zwar variieren die Vermutungen zu den Orten, von denen aus der Künstler einen solchen Blick auf die Kösseine gehabt haben könnte. Darunter ein weiterer Hinweis auf das "Marktredwitzer Haus", ein Punkt auf der Verbindungsstraße zwischen Marktredwitzer Haus/Hohenhard/Harlachhammer oder "alles zwischen Fuchsmühl und Waldsassen". Doch bei einem sind sich die Hinweisgeber sich einig: Das Motiv ist die Kösseine.
Das reicht Susanne Kempf schon. Sie ist glücklich darüber, nun wenigstens Anhaltspunkte zu haben, wo der Künstler ihr Erbstück vor gut 75 Jahren gemalt haben könnte und welche Landschaft das Gemälde zeigt. Die Weidenerin urteilt salomonisch: "Kunst liegt schließlich immer noch im Auge des Betrachters."
Die Kohlberger Höhen und die Kösseine
- Kohlberger Höhen: Untereinheit im nördlichen Oberpfälzischen Hügelland zwischen Hirschau und Kohlberg, höchster Berg ist der Kohlbühl mit einer Höhe von 589 Metern, wird auch "Kohlberger Höhenrücken" genannt
- Kösseine: Bergmassiv im Fichtelgebirge südlich von Wunsiedel, auffälliger Doppelgipfel aus Großer und Kleiner Kösseine, Name kommt von den slawischen Worten "Choezsin" oder "Chozin" und bedeutet Ziegenberg
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