Schmidmühlen pflegt den ältesten Fischzug

Schmidmühlen
22.02.2023 - 16:56 Uhr

Eine ernste und schweigsame Angelegenheit ist der Fischzug. Schmidmühlen hat den ältesten – und mit 63 Teilnehmern, die heuer von Anfang an dabei waren, vielleicht auch den größten – im Landkreis Amberg-Sulzbach.

Nach der Abstinenz der vergangenen zwei Corona-Jahre war man heuer in Schmidmühlen doch gespannt, wie der Fischzug diesmal wohl aufgestellt sein würde. Allen Unkenrufen zum Trotz brachen am Aschermittwoch "um Oans" dann tatsächlich rekordnahe 63 Teilnehmer mit Zeremonienmeister Thomas Wagner zu ihrem Gang durch die Schmidmühlener Wirtshauswelt auf. „Gegangen wird im Gänsemarsch, immer auf der linken Straßenseite, und für jedes verschwundene Wirtshaus gehen wir einen Schlenkerer“, belehrte der Zeremonienmeister. Start war auch heuer wieder beim Ochsenwirt, so wie es schon immer gewesen ist.

Doch zuerst ließ sich jeder Teilnehmer noch den obligaten Fisch, das „Billettl“, gegen einen „Fünfer“ auf seinen Gehrock malen. Für Zeremonienmeister Thomas Wagner eine leichte Sache, weil vielfach die Konturen noch aus den Vorjahren deutlich zu sehen waren. An der Zugspitze wird stets die Laterne an einer Stange getragen, dann kommen der Faschingsprinz, der Zeremonienmeister, der Bürgermeister Peter Braun, Brot- und Fischmeister Michael Eckmeder und Markus Hummel, dann die übrigen Teilnehmer. Das Ende des Zuges wird von einem Laternenträger markiert.

Beinahe Weltkulturerbe

Der Schmidmühlener Fischzug "ist ein Stück unserer Heimatgeschichte", sagt Thomas Wagner. Auch wenn diese Veranstaltung mit ihrem Alleinstellungsmerkmal als bodenständiges Brauchtum 2014 keine Anerkennung als Weltkulturerbe gefunden hat. Auf die bayerische Vorschlagsliste hatten es die Schmidmühlener immerhin geschafft. 18 Teilnehmer waren es, die sich damals um die Anerkennung als immaterielles Weltkulturerbe der Unesco beworben hatten. „Der Fischzug ist regional, und dies soll auch so bleiben“, betonte Thomas Wagner, dem alle Teilnehmer beim Ochsenwirt mit einem Grummeln beipflichteten.

Die Entstehung dieser Tradition reicht in die Zeit vor oder kurz nach dem Ersten Weltkrieg zurück, aber ein genaues Datum kennt man nicht. Sicher ist aber, dass der Fischzug eng mit der Biergeschichte und dem damaligen Brauwesen im Markt verbunden ist. Einen Hinweis findet man aus dem Jahr 1925: Der besagt, dass der 1901 gegründete Burschenverein diesen Heische-Brauch wieder aufgenommen hat. In dieser Zeit gab es immerhin 19 Wirtshäuser, die die Burschen besucht haben.

Es bleibt dabei: Keine Frauen

Auch von Verwässerungen, Reformen und anderen Reglementierungen haben die Schmidmühlener immer Abstand genommen, obwohl schon öfter derartige Ansinnen zu hören waren. Zum Beispiel die Frauenfrage. „In Schmidmühlen ist das so: Die Männer haben ihren Fischzug und die Frauen ihren Hexenfreitag, der ebenfalls schon über 50 Jahre auf dem Buckel hat“, erklärte dazu Thomas Wagner. Zusammengefasst sind beide, Fischzügler und Hexen, unter dem Dach des Faschingskomitees.

Die Schmidmühlener stehen zur althergebrachten Tradition ihres Fischzuges, so wie er schon seit etwa 100 Jahren zelebriert wird, und wollen das auch weiterhin tun. Also: Keine Frauen im Schmidmühlener Fischzug. Von den Prinzipien wird nicht abgewichen – auch wenn sich viele der vorgetragenen Fürbitten beim Eingraben des Geldbeutels am Mittwochabend im Kirwabaumloch am Hammerplatz längst erledigt haben. So wird also auch heute noch von der Baunotstandssteuer, der Biersteuer, der Kinderbeihilfesteuer und der Notstandssteuer erzählt, obwohl die schon lange Geschichte sind.

Heulen und Wehklagen

Doch zurück in die Gegenwart: Bei jeder Einkehr gibt es Brot und Fisch. Jedes Schwanzl Fisch mit einem Stück Schwarzbrot kostet ein Fuchzigerl. Auf der Straße wird weder gesprochen, gesungen noch gepfiffen – auch wenn die Verlockung noch so groß ist. Und am späten Abend, so gegen „Zehne“, wird unter Wehklagen und Heulen zu den althergebrachten Fürbitten Abschied vom Geldbeutel genommen. Zeremonienmeister Thomas Wagner legt dann im flackernden Licht von Weihnachts-Wachskerzen, wie man sie von früher her kennt, notdürftig ausgeleuchtet den Geldbeutel majestätisch ins Kirwabaumloch. Dann macht man sich auf zum Schloss-Stadl, um dort kurz nach Mitternacht noch eine deftige Brotzeit einzunehmen, ehe sich die Fischzügler auf den Heimweg machen.

Die Fischzüge im Landkreis Amberg-Sulzbach

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Amberg22.02.2023
 
 

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