Schnaittenbach
17.04.2024 - 17:03 Uhr

Der 30. Mundarttag sorgt für ein volles Vitusheim in Schnaittenbach

„Es ist fünf vor zwölf“, mahnte die Unesco, weil unsere Dialekte vom Aussterben bedroht sind. Bereits 1994 führte daher der damalige Landrat Hans Wagner einen Landkreistag über die Dialekteigenheiten im Landkreis Amberg-Sulzbach ein.

Mit der Überschrift „Ma oda Mo, wos is dro?“ brachten die Volkshochschule Amberg-Sulzbach, der Arbeitskreis Heimat und Kultur Schnaittenbach und die Oberpfälzer Musikfreunde als Veranstalter des 30. Mundarttages im Vitusheim Schnaittenbach ein abwechslungsreiches, beinahe dreistündiges Programm auf die Bühne. Musikalisch umrahmt wurden die einzelnen Vorträge und Erzählungen von der Gruppe „In oiner Dur“, der Hirschauer Hausmusik, den Happy Voices und Rita Butz mit Kindern, die Mundartlieder vortrugen.

Kreisheimatpflegerin Martha Pruy referierte, natürlich in Mundart, zu „Eigenheiten und Einflüssen im Landkreis“. Dialekt sei „redn wöi mas glernt hod, vo da Mudda dahoim“. Sie zitierte Goethe: „Jede Provinz liebt ihren Dialekt, denn er ist das Element, in dem die Seele ihren Atem schöpft.“ In der Oberpfalz wird Nordbairisch gesprochen, im Landkreis markiert die Vils eine Mundartgrenze. „D´ Sulzbacher und Auerbach san noucht an Franken und hom des betonte A.“ In Illschwang gebe es einen Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten, weil: „Die evangelischen Pfarrer san as Nürnberg kumma und die Katholischen asm oberbayrischen Eichstätt.“ In Sulzbach, Ehenfeld und Vilseck sage man zum Mann „Ma“ und in Schnaittenbach und Hirschau „Mo.“ Und in Amberg sei kaum ein Ortsdialekt zu hören: „D` Leith san vo üwaall herkumma und die Angstelltn und Beamtn hom meist Schriftdeitsch gred. Die Amberger hom se apasst.“

Schick und kultig

Schon Franz Xaver von Schönwerth, Gelehrter und Volkskundler, habe sich in seinen Sammlungen mit Oberpfälzer Sagen und Mundart befasst. Über seine Urgroßmutter, die Schreinerstochter Maria Anna Wanderer, sei er in Schnaittenbach verwurzelt. Den Oberpfälzer beschreibt Schönwerth als „lernbegierig, der leicht auffasst, gesellig und dienstbereit ist und weniger derb als die anderen Bayern.“ Und: „Er hod a Ouawaschl für Muse und Sprachn.“ Leider würde, so Martha Pruy, durch Digitalisierung und Medien der Dialekt verändert und zunehmend verschwinden. Aber Dialekt sei wichtig, denn höre man seine Mundart, fühle man sich sofort daheim.

Früher habe man gedacht, Dialekt sei minderwertig, primitiv und rückständig und ein Lernhindernis. Manchmal werde man sogar heute noch sozial ausgegrenzt, wenn man Mundart spreche. Zunehmend sei es aber jetzt wieder schick, kultig und sogar sexy Dialekt zu sprechen. Sprachvielfalt sei ein Schlüssel zu einer toleranten Gesellschaft. Das Kulturgut Mundart müsse der nächsten Generation unbedingt erhalten bleiben.

Der Mundartautor Dieter Radl aus Sulzbach-Rosenberg befasste sich in seinem Beitrag mit den Eigenheiten des Oberpfälzer Dialekts. Anhand verschiedener Beispiele verdeutlichte er die bedeutsamen Umlaute im Nordbairischen, wie „ou“ bei „Bou“ oder „Schouh“, seine Ausdruckskraft, die Bildhaftigkeit, Lautmalerei und Kurzsprachigkeit. So reduziere sich das hochdeutsch Gesprochene „Ist das wahr, das kann ich doch gar nicht glauben“ auf „aagöih“. Das aufmerksam zuhörende Publikum reagierte auf die einzelnen Mundartbeispiele mit wiederholt zustimmenden oder sich immer wiederholenden Murmeln und auch Lachen.

Rätsel für Jugendliche

Uli Piehler, Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins Freudenberg, berichtete dann von seiner Begegnung mit 20 Berliner Jugendlichen bei einer Führung auf dem Freudenberger Märchenweg. Er habe in Mundart gesprochen und dabei Dialekträtsel mit Sprüchen von Franz Xaver Schönwerth angeboten. Die Jugendlichen sollten jeweils erraten, was er gesagt habe. Es habe allen großen Spaß gemacht und die Jugendlichen hätten dann auch Berliner Sprichwörter zum Besten gegeben.

Auch das Spannungsfeld „Dialekt und Medien“ war Thema. Gleich zu Beginn brachte Piehler es auf den Punkt: "Dialekt und Zeitung ist ein schwieriges Feld." Was fehlt, seien einheitliche Regeln zur Verschriftlichung. Er könne sich vorstellen, mit Dialekt-Videos im Internet, auf Instagram oder Tiktok, das Interesse an der Mundart zu wecken: „In da Weidn drom gibt’s die Franzi Glaser, döi macht des recht erfolgreich.“ Die Kirwa-Kultur sei eine weitere Möglichkeit, um im dörflichen Leben die Mundart bei jungen Menschen zu verankern.

Dieser 30. Mundarttag machte nachdrücklich erlebbar, dass Jung und Alt zusammenfinden, um mit Freude und Begeisterung in Sprache und Musik Mundart zu leben und in den Alltag zu transportieren.

 
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