Den Künstlern, egal welches Genre, billigt die Pandemie auch 2021 keine große Bühne zu. Da erinnert es an einen Sechser im Lotto in die Lücken zu stoßen, die Corona freigibt. Jürgen Huber ist es gelungen. Die ganzjährige "Kunst-Arbeit", wie er es nennt, im Zentrum von Schönsee füllt ihn aus. Und dann hat er das Glück den Zyklus "Lise soll am besten gleich die ganze Welt ..." (61 Bilder mit mal mehr, mal weniger Text) in der Regierung am Regensburger Emmeramsplatz auszustellen. Doch dessen nicht genug: "Dass der gesamte Zyklus zusammenblieb, in dem das Museum Regensburg die Blätter ankaufte, ist natürlich ein Glückfall", freut sich Jürgen Huber. Auch die 15 Lise-Boxen, ein Auflagenobjekt als 1:1-Reproduktion der Originalblätter, finden fast alle ihre Liebhaber.
Noch ein Baby Hubers gedeiht prächtig. Dessen Ursprünge reichen aber in seine Zeit als Dritter Bürgermeister von Regensburg zurück. Fünf Elektrobusse namens Emil sorgen in der Bezirkshauptstadt schon länger für E-Mobilität. 2021 bekommen die Emils zwei Schwestern, die Emilias. Diese E-Kleinbusse fahren autonom durch den Regensburger Gewerbepark. "Ich war skeptisch, was autonomes Fahren mit Umweltschutz zu tun hat, wollte aber den Technologiestandort Regensburg voranbringen", erinnert sich Jürgen Huber an die Anfänge des Projekts. Die Jungfernfahrt im September in der Domstadt hat ihn dann doch mit Stolz erfüllt.
Kultur auf dem Land
Das sind die angenehmen Nachwehen seiner Politikerzeit, die er hinter sich gelassen hat, denn der 67-Jährige will sich mit dem sechs Jahre als dritter Bürgermeister aufgesparten künstlerischen Elan der Kulturszene und dem -leben widmen - vorzugsweise auf dem Land. Er bringt sich als Beisitzer im Verein Bavaria Bohemia, dem Trägerverein des Cebb in Schönsee ein, und engagiert sich im Badehaus Maiersreuth e. V. im Landkreis Tirschenreuth. Im Cebb findet auch eine der wenigen Lesungen aus dem Band "Die Gedichte stehen zwischen den Zeilen", der in Zusammenarbeit mit dem früheren Leiter der Kulturredaktion des NT, Stefan Voit, entstanden ist, statt. Der Großteil der Veranstaltungen muss abgesagt werden.
Sensationelle Pascher
Jürgen Huber ist jedenfalls angekommen in Schönsee. Das ist deutlich zu spüren, als ihn das Pascher-Spiel ins Schwärmen bringt. "Das ist sensationell gut, mit passionierten Leuten." Er muss es wissen, denn er bezeichnet sich gegenüber Oberpfalz-Medien als Theaterfreak. "Theater, Kultur, das soll man nicht an Netflix abtreten", rät er all jenen, die sich begünstigt durch die Pandemie, zu sehr in die eigenen vier Wände zurück gezogen haben. Jürgen Huber, der gerne diskutiert und fabuliert, braucht die reale Welt, die Begegnungen mit Menschen. "Durch Corona müssen wir Kontaktlosigkeiten erdulden und erleiden." Darin sieht er obendrein die Schattenseiten einer fortschreitenden Digitalisierung.
Gegen Schneesturm anlaufen
Ihm selbst mangelt es nicht an Kontakten. Zudem hat er sich für 2022 einiges vorgenommen. Er muss seine vier Ausstellungen vorbereiten, dafür auch zum Pinsel greifen, um das ein oder andere Bild zu malen. Gelegentlich malt er auf alten Leinwänden weiter. Ganz besonders freut er sich auf eine geplante Ausstellung an der Kunstakademie in Danzig. "Ich bin gut beschäftigt und denke manchmal, mehr braucht es jetzt erst mal nicht, man wird ja auch als Rentner nicht jünger." Schließlich will der 67-Jährige an seinem neuen Lebensmittelpunkt Schönsee in den kommenden Jahren noch gegen Schneestürme anlaufen wie am 19. Januar 2021. Vor Jahresfrist hat der Böhmische die Schneeflocken über Wiesen und Felder geblasen und Jürgen Huber sich dem entgegengestellt.
Jürgen Huber
- Geboren 1954 in Altenstadt/Waldnaab als Arbeiterkind
- Buchdruckerlehre, FOS-Abitur im Bereich Gestaltung, Gründung eines Verlags, freiberuflicher Künstler
- Weit über 100 Ausstellungen und Studienaufenthalte im In- und Ausland
- Herausgeber von "Bilder-Lese-Büchern"
- Stadtrat für die Grünen in Regensburg ab 2008
- Dritter Bürgermeister in Regensburg von 2014 bis 2020
- Sommer 2020 Umzug nach Schönsee, freiberuflicher Künstler
"Dass der gesamte Zyklus zusammenblieb, in dem das Museum Regensburg die Blätter ankaufte, ist natürlich ein Glückfall"
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