Der Netzbetreiber ist in einer Sandwichsituation: Auf der einen Seite drückt der Einspeiseboom, auf der anderen der Bezugsboom. Die Zahl der Photovoltaikanlagen beispielsweise schnellt in die Höhe. So sind die Einspeiseanträge nach den Worten von André Zorger, Leiter des Kundenmanagements, im Landkreis Schwandorf binnen eines Jahres von rund 250 im Januar und Februar 2022 auf über 700 in den ersten beiden Monaten 2023 gestiegen. Gleichzeitig erhöht sich der Strombedarf durch Elektromobilität und Wärmepumpen etwa. Das heißt, das Bayernwerk muss sein Verteilnetz verstärken, ausbauen, kurz die Leistung steigern. "Das Verteilnetz ist die Steuerzentrale der Energiewende", sagt Daniel Liegl, Leiter des Kundencenters Schwandorfs. 80 Mitarbeitende betreuen von hier aus 84 Gemeinden in den Landkreisen Schwandorf, Regensburg, Cham, Neustadt/Waldnaab, Amberg-Sulzbach, Straubing-Bogen und der Stadt Amberg. Das Kundencenter investiert heuer insgesamt 45 Millionen Euro ins Netz.
Dass Energiewende und die Klimaneutralität zu schaffen sind, daran lassen Daniel Liegl, André Zorger, Tobias Henfling (Netzbau) und Michael Renghart (Planung/Bau) nicht die geringsten Zweifel. Oberste Priorität genießt dabei "die sichere Versorgung unserer Kunden mit Energie rund um die Uhr", sagt Daniel Liegl. Woher die Energie kommt, kann dem Netzbetreiber, der die Infrastruktur zur Verfügung stellt, im Grunde egal sein. Doch André Zorger sagt auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien: "Wir brauchen die AKWs nicht, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Lichter gegen nicht aus." Der Netzbetreiber wüsste dagegen gerne, wo wann Anlagen entstehen. "Bei der Windkraft wird es passieren." Mit diesem Satz spielt André Zorger auf die Ausweisung von Vorrangflächen durch die Kommunen an. Planungen würden außerdem erleichtert, wenn nur Anlagen geprüfte werden, die eine Realisierungschance haben, das heißt beispielsweise in Gemeinden erwünscht sind. Deshalb stellt das Bayernwerk Forderungen an die Politik, unter anderem schnellere Genehmigungsverfahrenz. Allein eine Modernisierung einer bestehenden Freileitung macht nach Angaben von Bayernwerk-Sprecher Christian Martens ein Planfeststellungsverfahren erforderlich.
"Wenn ich die Energiewende haben will, brauche ich Infrastruktur. Diese wird sichtbar sein." André Zorger richtet diese Worte an die Bevölkerung, verbunden damit zum Beispiel höhere Maste zu akzeptieren. Dazu zählen ertüchtigte Freileitungen, ausgebaute Umspannwerke, aber auch zusätzliche. Michael Renghart erklärt dies damit, dass um die Wende zu schaffen, der Weg des erzeugten Stroms von der Nieder- in die Mittelspannung und weiter nach oben führt und nicht wie bisher von oben nach unten. Tobias Henfling zufolge hat das Bayernwerk bereits begonnen, wegen der sich schon länger abzeichnenden dezentralen Energieerzeugung das Netz zu verstärken. Denn beim Strom müssen sich – anders als beim Gas, wo das Netz auch als Speicher funktioniert – Erzeugung und Verbrauch in Balance halten. Schon eine Wolke vor einer Photovoltaikanlage macht sich sofort bemerkbar.
Stromnetz-Projekte im Landkreis Schwandorf
- Umspannwerk Schwarzenfeld - Schalthaus Buchtal:Leistungserhöhung durch neues Mittelspannungskabel; 9,076 Kilometer; Kosten 2,1 Millionen Euro; Bauzeit von Juni 2023 bis Anfang 2024.
- Freileitung Rötz-Oberviechtach: Modernisierung mit Austausch oder Erhöhung einzelner Maste vom Umspannwerk Rötz zum Umspannwerk Oberviechtach; 17 Kilometer, Kosten 5 Millionen Euro; Genehmigung im Sommer erwartet; Baubeginn im Herbst 2023.
- Umspannwerk Schwandorf: Erneuerung der Hochspannungs-Anlage; Knotenpunkt von Verteil- und Übertragungsnetz; sechs Bauabschnitte seit 2020; Kosten 15 Millionen Euro; Bauzeitende 2027 geplant; Anbindung an das Höchstspannungsnetz des Netzbetreibers Tennet.
- Naabtaler Grüngasring: Erweiterung um die Gemeinden Schwarzenfeld, Stulln, Schmidgaden und Fensterbach; Umbau Ortsnetz Burglengenfeld, neue Gasdruckregel- und Messanlagen; Kosten 2,2 Millionen Euro; Vorplanung seit November 2022; Inbetriebnahme erstes Quartal 2024.
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