Als Schauplatz hat Petra Morsbach ein wahres Schlachtschiff ausgewählt: Das imposante Gerichts- und Verwaltungsgebäude in der Münchener Prielmayerstraße. Hier wälzt ihre Hauptfigur, die Prädikats-Juristin Thirza Zorniger, Aktenberge, spricht Recht im Akkord, leidet unter und mit den nicht minder ehrgeizigen Kollegen und verzweifelt mitunter am Rechtswesen und der Welt. Unter solchen Umständen sein Glück zu finden, gestaltet sich schwieriger als in so manchen Jurastudenten-Träumen vorgestellt. Die Kulturredaktion hat bei Petra Morsbach nachgefragt:
Juristen sind keine Literaten. Sachverhaltsdarstellungen, Urteilsbegründungen und theoretische Abhandlungen bestechen allenfalls durch knochentrockene, verschachtelte und verklausulierte Formulierungen. Was hat eine renommierte Erzählerin wie Sie in diese formalisierte Ödnis gelockt?
Petra Morsbach: So öde war das nicht. Es geht ja vor Gericht darum, akute menschliche Konflikte auf eine spezielle Art zu lösen. Die Kombination aus abstrakter Methodik und chaotischem Leben fand ich prickelnd.
Wie lange haben Sie gebraucht, um sich diesem speziellen Stil und den juristischen Gedankengängen inklusive der vielen verwendeten Fachbegriffe anzunähern?
Gut zehn Jahre. 2006 sprach ich mit den ersten Richtern, und erst 2015 konnte ich diese Sprache poetisch nutzen. Die juristischen Passagen im Roman sind natürlich vereinfacht. Der Originalduktus wäre literarisch ungenießbar.
Für Ihren Roman haben Sie auf die Erfahrungen vieler Juristen zurückgegriffen. Waren diese am Ende erstaunt von der geballten Entzauberung ihres gemeinhin doch so geachteten Berufsbildes und insbesondere der Prädikats-Elite?
Nein, sie waren nicht entzaubert, weil sie ihren Beruf nie idealisiert hatten. Für sie ist es ja Alltag, und die meisten meiner Gewährsleute hatten die Fähigkeit, ihren Beruf ebenso wie den Justizapparat kritisch zu sehen. Mein Eindruck war, sie arbeiten hart im Bewußtsein, daß ihr Leben nicht perfekt ist, und so habe ich es dargestellt. Außerdem schreibe ich über Schicksale und Gefühle, der "Justizpalast" ist kein Sachbuch. Diese Lebendigkeit hat den meisten Juristen gefallen.
Bei Ihrem realitätsnahen, ungeschönten Blick auf den Justizalltag könnte manch Studienanfänger versucht sein, gleich wieder auf dem Absatz kehrt zu machen. Ist "Justizpalast" auch ein Beitrag zur Rubrik "Augen auf bei der Berufswahl"?
Realistische Literatur ist nebenbei immer ein Beitrag zur Rubrik "Augen auf". Rückmeldungen von Studenten habe ich bisher nicht bekommen. Ich werde aber Anfang Juli an der LMU München lesen und mit einigen diskutieren, da bin ich gespannt.
Wie ist es nach so langer Recherche und so intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema um Ihr eigenes Vertrauen in die Justiz bestellt?
Ich war noch nie vor Gericht und hoffe, es auch nie zu müssen. Trotzdem meine ich, daß wir bei Alltagskonflikten einen hohen Grad an Rechtssicherheit haben. Die Korruption in den oberen Etagen steht auf einem anderen Blatt.
"Justizpalast" ist im Herbst 2017 erschienen. Seither sind Sie unermüdlich auf Tour, der aktuelle Lesungs-Kalender geht bis November. Wie halten Sie so ein anstrengendes Programm durch?
Es war spannend, ich bin aber auch froh, dass es allmählich ausläuft. Gerade habe ich zwei Wochen Lesungspause und sitze wieder am Schreibtisch. Das fühlt sich fast an wie Urlaub.
Patricia Preuß moderiert die Lesung im Literaturhaus Oberpfalz in Sulzbach-Rosenberg. Kartenreservierung und Informationen unter Telefon 09661/8159590 oder info[at]literaturarchiv[dot]de. Der Roman "Justizpalast" ist im Knaus-Verlag und als E-Book erschienen.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.