Wenn der Leberkäse zum "LeVerkäse" wird: Metzgerei setzt auf vegane Alternativen

Sulzbach-Rosenberg
27.01.2023 - 18:44 Uhr
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Die Metzgerei Bär in Sulzbach-Rosenberg bietet neben den klassischen Fleisch- und Wurstprodukten viele vegane Varianten an – für die jungen Betreiber ist der Weg der Alternativen alternativlos, schließlich steckt die Branche in der Krise.

Im Gespräch mit Matthias und Jaqueline Bär

Bei der Traditionsmetzgerei Bär in Sulzbach-Rosenberg finden die Kundinnen und Kunden so ziemlich alle bewährten Fleisch- und Wurstprodukte hinter der Theke, so natürlich auch den absoluten Klassiker eines jeden bayerischen Metzgereibetriebs: den Leberkäse. Doch Matthias Bär macht mit dem Klassiker auch Veganer glücklich. Der 30-jährige Metzgermeister bietet nämlich in seinem Laden die fleischlose Alternative an, den sogenannten "LeVerkäse". Dieser besteht aus Sonnenblumenprotein, Rapsöl, Wasser und den gleichen Gewürzen, die im bewährten Leberkäse vertreten sind.

Viele Menschen würden sich an den ähnlichen Namen stören. Schließlich seien die Produkte nicht vergleichbar. Doch Matthias Bär hält dagegen: "Der Veganer an sich findet ja das Produkt an sich nicht bescheuert, er mag einfach nur kein Fleisch." Im klassischen Leberkäse seien ja auch keine Leber und kein Käse.

Vor allem in den sozialen Medien werde angeregt über den veganen Weg der Bärs diskutiert. "Es gab sehr viel Shitstorm", bestätigt seine Ehefrau Jaqueline Bär. Die 35-Jährige ist Teil des neuen Führungstrios der Metzgerei, das durch Daniela Winter ergänzt wird, der Schwester von Matthias Bär. Der Familienbetrieb wird inzwischen in der dritten Generation weitergeführt. Doch wie reagieren eigentlich die Vorgänger auf die neuen veganen Produkte? "Die Schwiegereltern waren schon offen, aber sie haben es sich selber nicht getraut", sagt Jaqueline Bär. Sie stünden voll und ganz hinter ihnen.

Wiener aus Kichererbsen

Veganer Aufschnitt, fleischloser Wurstsalat oder eben der Sonnenblumenprotein-Leberkäse – das Sortiment der Alternativen in der Traditionsmetzgerei nimmt immer weiter zu. Matthias Bär macht es Spaß, an veganen Varianten zu tüfteln. Viele Versuche müsse er jedoch wieder ver- und somit auch wegwerfen. "Man hat auch schon ein paar Chargen, bei denen man sagt: War jetzt nicht so cool", erklärt er. Aktuell versuche er sich an veganen Wienern auf der Basis von Kichererbsen. "Vom Geschmack her hat es eigentlich schon ganz gut funktioniert", berichtet er. Doch die knackige Wiener-Konsistenz zu erreichen, "ist erstaunlich schwer".

Die Metzgerei Bär gehört der Innung Amberg-Sulzbach an. Deren Obermeister Daniel Hirsch blickt mit Interesse auf die veganen Versuche in Sulzbach-Rosenberg. "Wenn sich die Kollegen darauf spezialisieren, spricht nichts dagegen", erklärt er. Doch er weist auch darauf hin: "Das hat mit dem klassischen Handwerk nichts mehr zu tun." Das sei eine komplett neue Schiene. Den Trend könne eben keiner aufhalten: Die Kunden verlangen die Alternativen. Laut dem Food-Trend-Report seien 2023 weiterhin unter anderem pflanzenbasierte Ernährung und ökologische Lebensmittel auf dem Vormarsch. Außerdem gibt es noch einen ganz anderen Trend: Die Metzgereien werden weniger. Gab es 2012 in der Oberpfalz noch 476 Betriebe, waren es Ende 2022 nur noch 416.

Und das obwohl in der Oberpfalz vergleichsweise mehr Fleisch gegessen wird. Laut der Erhebung "Ernährung in Bayern" des bayerischen Staatsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, die 2019/2020 durchgeführt wurde, ernähren sich der Befragung zufolge 13,1 Prozent der Menschen in der Oberpfalz überwiegend vegetarisch (Bayern: 15,7 Prozent) und 4,7 Prozent überwiegend vegan (Bayern: 4,9 Prozent). Die restliche Bevölkerung isst regelmäßig Fleisch und Fleischwaren. Der durchschnittliche Verzehr liegt in der Oberpfalz bei 164,2 Gramm pro Tag. In Bayern sind es 143,4 Gramm pro Tag.

Metzgereien im Wandel

"Wir verstehen den Trend nicht", sagt Daniel Hirsch mit Blick auf die Betriebsschließungen. Schließlich würden viele Metzgereien aktuelle Kundenwünsche erfüllen, wie Bio-Produkte, Nachhaltigkeit oder kurze Transportwege. "Wenn sich die Entwicklung so fortsetzt, wird es künftig weniger Bedientheken geben", erklärt Hirsch weiter. Die Ursache sei hier vor allem auch der bestehende Fachkräftemangel. "Dann wird es bei vielen Metzgereien vermehrt Selbstbedienung geben." Diese negativen Entwicklungen hat eben auch Matthias Bär im Blick und deswegen reagiert. "Ich denke, dass es in der reinen traditionellen Metzgerbranche in den nächsten Jahren schwer wird, als Metzger zu bestehen", fasst er zusammen.

Sollten also alle seine Kolleginnen und Kollegen nun vegane Alternativen anbieten? "Da muss jeder seinen Weg finden, ob er das machen will oder nicht", sagt Bär. Er wolle keinem etwas aufzwingen. Und so sieht er das auch mit seinen veganen Alternativen. "Es sollte jeder für sich entscheiden." Matthias und Jaqueline Bär haben sich in ihrem privaten Leben ebenso für eine bewusstere Ernährung entschieden. Sie essen also nicht mehr jeden Tag Fleisch und Wurst.

Und auch wenn es Nörgler gebe, insgesamt seien der "LeVerkäse" und Co ein voller Erfolg. "Bestimmt ein Viertel unserer alten Kunden kaufen regelmäßig unsere veganen Produkte", sagt Jaqueline Bär. Vor allem die älteren Generationen seien überraschend offen für etwas Neues. Inzwischen würden Kundinnen und Kunden sogar über 70 Kilometer an einfacher Anfahrt in Kauf nehmen, um in der Oberpfälzer Metzgerei vorbeizuschauen. "Da kann ich jetzt nicht sagen, dass das Produkt nicht ankommt, wenn jemand 150 Kilometer für eine Leberkäse-Semmel fährt", sagt Matthias Bär.

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Neustadt an der Waldnaab20.01.2023
 
 

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