Von Kristina Sandig und Markus Müller
Die Geschichte vom fünfjährigen Bastian, der eine lebensrettende Operation in den USA braucht, mobilisierte 2018 die ganze Region. Bei einer Spendenaktion, für die die Kolpingsfamilie Rosenberg das Sammelkonto zur Verfügung stellte, kamen über 500.000 Euro zusammen – Bastis Herzoperation war dadurch gesichert. Erst lange danach sorgte die genaue Abrechnung der Spendengelder für schwierige juristische Fragen, die jetzt auch das Landgericht Amberg beschäftigen. Die AZ-Redakteure Kristina Sandig und Markus Müller sprachen mit den Eltern von Basti, Steffi Leupold und Peter Andörfer, wie es aus ihrer Sicht zu dieser unerquicklichen Situation kam.
ONETZ: Sie befinden sich in einem Rechtsstreit mit der Kolpingsfamilie Herz Jesu Rosenberg. Worum geht es dabei?
Steffi Leypold: Die Kolpingsfamilie hat uns von den Spendengeldern 100.000 Euro als Vorauszahlung für Ausgaben rund um die Behandlung in Amerika überwiesen. Zuerst haben sie eine Vorauszahlung von 15.000 Euro geleistet. Wir mussten aber mit weitaus höheren Ausgaben in den USA rechnen. Noch dazu war Kolping zu diesem Zeitpunkt nicht onlinebanking-fähig und Überweisungen hätten mit Zeitverschiebung eventuell Tage gedauert. Es musste gewährleistet sein, dass wir in Amerika bei Bedarf sofort zahlungsfähig sind.
ONETZ: Wie haben Sie das gelöst?
Steffi Leypold: Nach mehrmaligen Bitten unsererseits haben sie den Betrag auf 100.000 Euro aufgestockt. Circa 60.000 Euro hat das Finanzamt als gemeinnützig anerkannt. 40.000 Euro plus Zinsen sollen wir bzw. Basti wieder zurückzahlen. Es ist nämlich nicht so, dass wir Kolping auf die kompletten Spendengelder verklagen, sondern die Kolpingsfamilie den Basti auf 40.000 Euro plus Zinsen verklagt. Ein gemeinnütziger Verein verklagt also einen siebenjährigen, schwerkranken Jungen.
ONETZ: Welche Position vertritt die Kolpingsfamilie?
Peter Andörfer: Natürlich ging es bei dem Spendenaufruf dringlich darum, Basti so schnell wie möglich die Behandlung in den USA zu ermöglichen. Allerdings war er ebenso dafür gedacht, uns Unterstützung für die vorausgegangenen Klinikmonate zu geben. Immerhin war es eine Zeitspanne von fast zwei Jahren, in der Basti mit den schweren Komplikationen und um sein Leben kämpfen musste. Ganze 15 Monate davon waren wir vollstationär in der Klinik. Diese Zeit hat uns als Familie psychisch, physisch und finanziell an unsere Grenzen gebracht. An oberster Stelle die Angst um sein Kind, dann Lohnausfall bei Steffi, Jobverlust bei mir, dadurch kein Auto mehr, das Haus daheim im Rohbau und so weiter. Sowas kannte man vorher nur aus dem Fernsehen, jetzt durchlebte man es selber.
ONETZ: Und wie betrachtet Kolping den Spendenaufruf?
Steffi Leypold: Der Spendenaufruf und die darin enthaltenen Verwendungszwecke waren stets in allen Medien immer klar formuliert. Die Kolpingsfamilie sieht es aber von Anfang an so, dass es nur um den Verwendungszweck USA und damit zusammenhängende Kosten geht. Mehrmals legten wir bei Gesprächen mit Kolping Ausdrucke der Spendenhomepage und Flyer vor, die auch die weiteren Verwendungszwecke klar zeigten, doch wir hatten nie das Gefühl, richtig Gehör zu finden. Auch nicht, dass diese von Kolping vor dem Finanzamt richtig für uns vertreten wurden.
ONETZ: Ist Basti durch die Operation in Amerika nicht geheilt worden?
Steffi Leypold: Basti ist leider nicht gesund. Nach wie vor hat er sein halbes Herz, das mit mehreren OPs palliativ versorgt ist. Korrigieren und heilen kann man den komplexen Herzfehler nicht. Wir sind überglücklich, dass er seiner schweren Krankheit ständig trotzt und Steine, die ihm deswegen immer wieder in den Weg gelegt werden, tapfer beiseite schiebt. Durch seine Erkrankung wird Basti immer finanziell benachteiligt sein. Im Alltag sind wir nach Amerika wieder angekommen, aber von Normalität sind wir weit entfernt. Wir wissen nie, was morgen ist, da auch Kleinigkeiten Bastis System ganz schön ins Wanken bringen können.
ONETZ: Wie denn?
Steffi Leypold: Zum Beispiel hatte er nach einem kleinen Magen-Darm-Infekt zwei Wochen mit Begleiterscheinungen zu kämpfen. Es sind auch so viele Gratwanderungen: In Erlangen haben sie uns gesagt, dass er wegen Corona besser nicht zur Schule gehen, sondern im Homeschooling bleiben sollte. Er will aber hingehen und seine Freunde treffen. Nach langer Überlegung haben wir ihn zum Unterricht gehen lassen. Ihn hat das Homeschooling an seine Grenzen gebracht. Da unterscheidet er sich nicht von gesunden Kindern. Was wir machen: Wir halten Basti und auch uns selber von Menschenansammlungen fern, um ihn vor dem Virus zu schützen.
ONETZ: Wie ist dann derzeit Ihr Verhältnis zur Kolpingsfamilie?
Peter Andörfer: Wir sind der Kolpingsfamilie nach wie vor dankbar, dass sie damals so kurzfristig ihr Konto für die Spendensammlung zur Verfügung gestellt hat. Seit gut einem Jahr sind die Fronten leider verhärtet und Kommunikation findet nur über die Anwälte statt.
ONETZ: Warum wurden die Spenden eigentlich über die Kolpingsfamilie abgewickelt?
Steffi Leypold: Als im Mai 2018 endlich der Kostenvoranschlag und die finale Zusage aus Philadelphia kamen, war Eile geboten. Die Krankenkasse konnte jetzt erstmals reagieren und die Angelegenheit prüfen. Dieser Vorgang brauchte leider Zeit – Zeit, die Basti aber nicht hatte. Deshalb hatte Bastis Patenonkel Michael die Idee, mit Hilfe eines Orga-Teams einen Spendenaufruf zu starten. Zu dem genauen Ablauf können wir nicht viel sagen, da wir zu diesem Zeitpunkt ja immer bei Basti in der Klinik waren und die gesamte Organisation deshalb von uns ferngehalten wurde. An dieser Stelle möchten wir auch nochmal allen von Herzen danken, die damals mitgewirkt haben. Wir wurden am Tag der Veröffentlichung des Spendenaufrufs selber davon überrascht. Laut unseren Informationen gab es anderweitige Bemühungen, die leider scheiterten. Kolping erklärte sich dann auf die Schnelle dazu bereit, die Spendenabwicklung zu übernehmen.
Die erste Onetz-Berichterstattung über die Spendenaktion
ONETZ: Wie viel Geld musste denn gespendet werden, um Bastis Behandlung zu ermöglichen?
Steffi Leypold: Wir sind von 500.000 Euro ausgegangen. Diese Summe ergab sich aus Einschätzungen von Bastis behandelnden Ärzten. Sie kalkulierten mit circa 300.000 Euro für die reinen Behandlungskosten. Und für Flüge mit einem Ambulanzjet, wie von den Ärzten in Erlangen ursprünglich vorgesehen, hätte man einfach circa 80.000 Euro rechnen müssen.
ONETZ: Sie konnten dann aber doch Linienflüge nehmen.
Steffi Leypold: Wir sind letztlich Linie geflogen, aber ärztlich begleitet. Einen Ambulanzflug haben wir auf die Schnelle nicht bekommen. Dienstagabend kam der Anruf aus Philadelphia. Da hieß es, wir müssten spätestens Samstag da sein. Ansonsten hätten wir mindestens weitere sechs Wochen warten müssen. Diese Zeit hätte vielleicht nicht mehr gereicht. Basti hätte jeden Tag eine Infektion bekommen können.
ONETZ: Wie lief die Reise?
Peter Andörfer: Wir sind nachts von Erlangen mit dem Krankenwagen nach Frankfurt gefahren, von dort nach Kopenhagen geflogen und umgestiegen. Gelandet sind wir in Newark bei New York, dann mit dem Krankenwagen eineinhalb Stunden nach Philadelphia gefahren. Ein Arzt und eine Krankenschwester waren während der Flüge bei uns. Auf dem Rückflug waren nur wir, ohne Arzt. Da war Basti körperlich fitter und das behandelnde Team in Philadelphia gab uns grünes Licht.
ONETZ: Welchen Anteil der Kosten hat denn die Krankenkasse übernommen?
Steffi Leypold: Es war anfangs nicht klar, ob sie was übernehmen würde und wenn, wie viel. Sie wollten eben den Kostenvoranschlag aus Amerika abwarten. Den bekamen wir ja allerdings erst zwei Wochen vor dem Abflug. Am Tag, als Basti in Philadelphia auf dem OP-Tisch lag, hat die Krankenkasse mitgeteilt, sie würde die Anzahlung von knapp 200.000 Dollar und die Flugkosten übernehmen. Letzten Endes hat die Krankenkasse die komplette Klinikrechnung in Höhe von etwas über 300.000 Dollar übernommen, nicht aber Flugkosten, Hotel und so weiter.
ONETZ: Wissen Sie, warum das so war?
Peter Andörfer: Fraglich ist, ob nicht letztlich der öffentliche Druck ausschlaggebend für die Zahlung war.
ONETZ: Wie ging es weiter?
Steffi Leypold: Heimgekommen sind wir am 19. Juli, erst Ende November hat die Krankenkasse bewilligt, dass sie die Klinikrechnung bezahlt. Die Summe von 265.955,75 Euro hat die Krankenkasse auf mein Privatkonto überwiesen. Wir haben den Betrag anschließend, wie mit Kolping vereinbart, auf das Spendenkonto überwiesen.
ONETZ: Wie viel Geld ist denn jetzt von den Spenden noch übrig?
Steffi Leypold: Den genauen Kontostand von heute kennen wir nicht. Spendenstand per 28.5.2019 war 469.917,24 Euro. Diese Auskunft haben wir aber erst nach mehrmaliger Nachfrage von Kolping bekommen. Zuerst wurde unsere Anfrage ignoriert, dann wussten sie den Kontostand nicht, weil die Unterlagen beim Finanzamt waren, dann wollten sie uns den Kontostand nicht sagen. Letztlich bekamen wir doch noch die gewünschte Auskunft. Insgesamt sind bis Januar 2019 knapp über 600.000 Euro zusammengekommen. Wir hatten auch darum gebeten, die Aktion einzustellen, als die Summe von 500.000 Euro erreicht war, aber die Leute haben weiter für Basti gespendet. Ob bis heute doch noch weitere Spenden eingegangen sind, wissen wir nicht.
ONETZ: Was ist das Problem mit den noch offenen 40.000 Euro?
Steffi Leypold: Anfang letzten Jahres gab es ein erstes Treffen mit der Kolpingsfamilie, wobei es um die Abwicklung der Spendenaktion ging. Wir haben unter Berücksichtigung der bereits vorausgezahlten 100.000 Euro unsere private Abrechnung aufgestellt. In dieser sind, neben den Kosten aus Philadelphia, zusätzlich noch Posten aufgeführt gemäß den weiteren Verwendungszwecken des Spendenaufrufs, etwa Unterstützung für die monatelangen, sich über fast zwei Jahre ziehenden Klinikaufenthalte. Und genau bei diesem Punkt liegt das große Problem.
ONETZ: Wieso?
Steffi Leypold: Kolping bzw. das Finanzamt erkennt diverse Posten dieser Abrechnung nicht als gemeinnützig an, da sie sich immer nur auf den Verwendungszweck Behandlung in den USA berufen und weitere Abrechnungspunkte schon fast als gnädige Zusatzleistung suggerieren. Dazu muss man wissen, dass das Finanzamt München, laut Aussage der Kolpingsfamilie, sogar abgelehnt hätte, überhaupt etwas zu erstatten, was vor Start des Spendenaufrufs geschehen ist. Das wäre aber sozusagen komplett am Gedanken des Aufrufs vorbei. Das Finanzamt Amberg hat sich daraufhin aber doch bereit erklärt, eine Abrechnung vor diesem Stichtag zu genehmigen. Daran kann man auch erkennen, dass es wohl einen gewissen Handlungsspielraum gibt. Genau deswegen haben wir immer wieder darum gebeten, einmal persönlich mit zu einem der Termine beim Finanzamt kommen zu dürfen. Uns ist klar, dass einige Posten auf unserer Abrechnung für Außenstehende erstmal etwas kritisch hinterfragt werden, aber durch Erklärung und Erläuterung der Notlage, die für uns aus der langen Klinikzeit resultierte, hätte sich dieser Rechtsstreit unter Umständen sogar verhindern lassen.
ONETZ: Warum kam es nicht dazu?
Steffi Leypold: Uns wurde von Kolping mehrmals untersagt, persönlich beim Finanzamt vorzusprechen. Sie sagten: Das Finanzamt Amberg sagt, wir würden als betroffene Familie nicht als Ansprechpartner existieren. Es gibt kein offizielles Schriftstück vom Finanzamt für uns. Das einzige ist unsere aufgestellte Abrechnung, auf der per Hand abgehakt oder durchgestrichen wurde. Per Email baten wir Kolping um die Kontaktdaten des zuständigen Sachbearbeiters. Darauf bekamen wir keinerlei Rückmeldung. Wir waren darauf angewiesen, uns rein auf Aussagen Dritter zu verlassen. Fakt ist: Von den 100.000 Euro Vorauszahlung werden circa 60.000 Euro von Kolping und dem Finanzamt als gemeinnützig anerkannt, und circa 40.000 Euro plus Zinsen fordert die Kolpingsfamilie von Basti zurück.
ONETZ: Und darüber kam es zum Rechtsstreit?
Steffi Leypold: Die Kolpingsfamilie hat uns ein Schreiben vorgelegt, in dem wir zustimmen sollten, die 40.000 Euro zurückzuzahlen. Dass diese Situation eine komplizierte steuerrechtliche Problematik begleitet, ist uns absolut klar, deshalb haben wir immer wieder darum gebeten, mit zum Finanzamt kommen zu dürfen, aber es wurde uns jedes Mal untersagt. Wir mussten uns sogar anhören, dass die Spendengelder weder unserer Familie noch Basti, sondern der Kolpingsfamilie gehören. Da ist unser Vertrauen geschwunden. Das war dann auch die Zeit, als Kolping auf keinen Anruf, keine Emails, keine Whatsapp-Nachrichten von uns geantwortet hat, nicht einmal auf ein Einschreiben.
ONETZ: Wie haben Sie dann kommuniziert?
Peter Andörfer: Irgendwann waren sie dann doch nochmal zu einem Treffen bereit, das wieder keinen Konsens ergab. Wir haben auch immer wieder versucht zu erklären, dass Basti trotz der erfolgreichen Behandlung in den USA immer noch alles andere als gesund ist. Eine Broschüre über seinen komplexen Herzfehler, zur Information, wurde uns wieder über den Tisch geschoben mit den Worten: „Die brauchen wir nicht.“ Uns ging es einfach darum herauszufinden, wer hat welche Rechte, wer hat welche Pflichten? Was ist tatsächlich abrechenbar, was nicht? Am Ende dieses Gesprächs vereinbarten wir im gegenseitigen Einverständnis, dass beide beteiligten Seiten versuchen, diese Informationen über einen Rechtsbeistand herauszufinden.
ONETZ: Was sagt denn Ihr Anwalt?
Peter Andörfer: Wir haben uns mit diesen Fragen an unseren Anwalt gewandt und nicht mit der Forderung über die komplette Spendensumme, so wie es bis jetzt ja dargestellt wurde. Er hat sich daraufhin ausführlich mit der Thematik beschäftigt. Es müsse in diesem Fall erst eine grundsätzliche Frage geklärt werden, da es ein klar personenbezogener Spendenaufruf für Basti war, was auch schon dem Verwendungszweck „Spende für Basti“ zu entnehmen ist. Erst wenn geklärt ist, welche Vertragsart dem Spendenaufruf zu Grunde liegt, kann man feststellen, wer wen etwas zurückzahlen muss. Diesen Sachverhalt gilt es zu klären.
ONETZ: Unabhängig vom Urteil kam es beim Gerichtstermin zu einer Abmachung zwischen Ihnen und der Kolpingsfamilie.
Steffi Leypold: Um den Willen der Spender feststellen zu können, hat man sich darauf geeinigt, ein gemeinsames neutrales Anschreiben aufzusetzen, in dem die Spender dazu befragt werden. Nachdem das Anschreiben im Namen der Kolpingsfamilie erscheinen soll, sind wir darauf angewiesen, dass sie den Entwurf absegnen, um ihn auf unseren Kanälen veröffentlichen zu können. Es ist ja schließlich Ziel, so viele Spender wie möglich zu erreichen und deren Rückmeldung zu bekommen.
ONETZ: Gibt es dieses Schreiben schon?
Steffi Leypold: Bis heute hat es die Kolpingsfamilie nicht geschafft, ihre Unterschrift unter das Anschreiben zu setzen. Geschockt und vor allem traurig mussten wir dann aus der Zeitung entnehmen, dass Kolping auf seiner Homepage bereits ein Statement dazu veröffentlicht hat, in dem es zwei Auswahlkriterien gibt, aber die Hauptperson, für die der Spendenaufruf war, praktisch „vergessen“ wurde. Wir hatten gehofft, dass es nicht passiert, aber wir wurden einmal mehr enttäuscht.
ONETZ: Was soll denn Ihrem Wunsch nach mit dem überschüssigen Geld geschehen?
Peter Andörfer: Es ist nicht ausgeschlossen, dass Basti ein weiteres Mal eine derartige Komplikation entwickelt und wieder auf Philadelphia angewiesen wäre. Fest steht, dass deutschland- und europaweit niemand helfen kann. Außerdem wird er durch seine Erkrankung lebenslang auf Behandlungen bei Fachärzten und in Kliniken angewiesen sein. Aus diesen Gründen würden wir ihm gerne eine finanzielle Sicherheit schaffen. Außerdem würden auch wir sehr gerne andere kranke Kinder und deren Familien unterstützen, wie von Anfang an auch immer klar formuliert.
ONETZ: Inwiefern?
Peter Andörfer: Mit dem Geld würden wir zum Beispiel gerne regional den Landkreis-Fonds „Hilfe zum Helfen“ unterstützen. Außerdem gibt es viele Vereine, die Herzkinder begleiten, sogar einen Verein, der speziell für Kinder mit Bastis Herzfehler gegründet wurde. Auch das Ronald-McDonald-Haus würden wir gerne unterstützen. Es ist so immens wichtig, in der Nähe von seinem kranken Kind sein zu können, wenn dieses auf der Intensivstation liegt, wo man als Eltern nicht über Nacht bleiben darf. Des Weiteren gibt es zwei sehr interessante Projekte, die sich genau mit der Problematik von den Ein-Kammer-Herzen, wie Basti es hat, beschäftigen. Da geht es, vereinfacht gesagt, um Pumpen die operativ eingesetzt werden können, um somit die schlimmen Kollateralschäden des Herzfehlers zu vermeiden. Wir kennen auch privat viele Familien, die ein ähnliches Schicksal erfahren müssen. Für Basti eine Sicherheit schaffen und Geld an gute Zwecke weitergeben: Dazu stehen wir.
ONETZ: Und wie geht es Ihnen als Familie derzeit?
Steffi Leypold: Das setzt uns natürlich alles sehr zu.
ONETZ: Verständlich.
Peter Andörfer: Wir wollen einfach nur Zeit mit Basti verbringen, weil wir nicht wissen, was mal sein wird. Wir genießen jede Minute mit ihm, weil es nicht selbstverständlich ist und wir als Familie immer noch einiges nachzuholen haben.
ONETZ: Bekommt Basti die Auseinandersetzung mit?
Steffi Leypold: Leider verbringen wir durch diesen Streit wahnsinnig viel Zeit an Computer, Handy und Telefon. Es zerrt dermaßen an unseren Nerven, dass man sich an so manchen Tagen zu nichts fähig fühlt. Dieses Thema ist bei uns zu Hause leider so präsent, dass wir als Eltern nicht nur darüber sprechen können, wenn Basti nicht anwesend ist. Deshalb bekommt er sehr viel davon mit und spürt selbstverständlich auch unsere Anspannung.
ONETZ: Wie reagiert er da?
Steffi Leypold: Oft schon hat er gefragt: „Mami, musst du schon wieder was wegen den Spenden am Handy machen?“ Die Folge ist, dass er überhaupt nicht mehr alleine sein kann, was wir nach der langen Krankenhauszeit erst wieder mühevoll mit ihm erlernt hatten. Abends, wenn er ins Bett gehen soll, bleibt er nicht alleine im oberen Stockwerk, einer von uns muss immer bei ihm bleiben, bis er tief eingeschlafen ist. Es zermürbt uns, dass eine einst so gute Sache jetzt dermaßen eskaliert und letztlich auf dem Rücken von Basti ausgetragen wird.
Basti Leypolds Geschichte im Überblick
25. Juni 2013
Basti Leypold kommt in der Uniklinik Erlangen zur Welt – mit nur einem halben Herzen. Im Alter von nur neun Tagen hat er seine erste große OP. Noch im Säuglings- und Kleinkindalter folgen weitere Operationen.
29. November 2016
Für den dreijährigen Basti steht die letzte große OP an. Doch die Drainagen, über die das Wundsekret abläuft, wird er in der Folgezeit nicht los. Zudem verliert er Lymphe. Weitere Operationen folgen.
21. Juli 2017
Basti wird seine letzte Drainage los, wirft sie feierlich vom Stationsbalkon der Kinderklinik in Erlangen. Und endlich darf er nach Hause.
Weihnachten 2017
Wegen eines Dauerinfektes bilden sich bei Basti wieder große Ergüsse, so dass er nur sehr schwer atmen und fast nichts essen kann, wieder in die Uniklinik Erlangen kommt und Anfang Januar 2018 erneut Drainagen gelegt bekommt.
19. April 2018
Bastis Patenonkel Michael Andörfer startet einen Spendenaufruf, um Geld für eine lebensrettende OP für seinen Neffen bei einem Spezialisten in Philadelphia (USA) zu sammeln. Rund 500 000 Euro werden benötigt. Bastis Schicksal rührt eine ganze Region, die Herz zeigt: Unzählige Menschen spenden fleißig für den schwer herzkranken Jungen aus Sulzbach-Rosenberg.
9. Mai 2018
Der Spendenstand nähert sich den veranschlagten 500 000 Euro. Basti befindet sich nach wie vor in der Uniklinik Erlangen. Sehnsüchtig warten er und seine Eltern Stefanie Leypold und Peter Andörfer auf einen OP-Termin in Philadelphia.
10. Mai 2018
Gute Nachrichten aus Philadelphia: Die Spezialisten teilen in einer Telefonkonferenz mit, dass sie Basti operieren können. Seine Eltern warten auf Kostenvoranschlag und Termin für den Behandlungsbeginn. Da die kalkulierte Summe schon fast erreicht ist, sollen keine neuen Spendenaktionen für Basti gestartet werden. Als Abschluss der Spendenaktion wird ein Benefizkonzert in Sulzbach-Rosenberg am 30. Juni 2018 genannt.
15. Mai 2018
Mit „Sprachlos vor Glück“ ist ein Post auf der „Spenden für Basti“-Facebookseite betitelt. 97 Prozent der angepeilten Spendensumme sind schon zusammengekommen. Konkret heißt das: 485 000 Euro.
17. Mai 2018
Es ist geschafft: Die Summe von 500 000 Euro wird nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten.
5. Juni 2018
Das Children’s Hospital in Philadelphia meldet sich bei Bastis Eltern, die fünf Tage später mit ihrem schwerkranken Sohn von Frankfurt über Kopenhagen nach New York fliegen.
13. Juni 2018
Basti wird im Children’s Hospital operiert. Der Eingriff verläuft gut, zwei Tage später darf der Bub die Intensivstation verlassen, muss aber vorerst noch Drainagen tragen.
25. Juni 2018
Basti feiert seinen fünften Geburtstag. Sein Wunsch, daheim mit vielen kleinen Freunden zu feiern, erfüllt sich nicht, er freut sich trotzdem: über Luftballon, Eistorte und Geschenke im Krankenzimmer.
30. Juni 2018
Mehrere Hundert Menschen nehmen an „Tanzen für Basti“ auf dem Sulzbach-Rosenberger Luitpoldplatz teil – mit dieser Veranstaltung endet offiziell die Spendenaktion.
15. Juli 2018
Auf Facebook gibt das Organisationsteam von „Spenden für Basti“ bekannt, dass es dem Jungen, der immer noch in Amerika ist, gut geht. Er ist seine Drainagen los geworden und hat das Krankenhaus verlassen und wohnt mit seinem Eltern im Hotel. Nachuntersuchungen stehen noch aus, vor allem noch Blut- und Röntgenkontrollen.
18. Juli 2018
Basti und seine Eltern sind wieder zu Hause in Sulzbach-Rosenberg. Freunde überraschen die ahnungslose Familie mit einem riesigen „Herzlich willkommen daheim“-Schild. Basti genießt sein neues Leben abseits von Krankenzimmern: Er braust mit seinen Trucks auf dem Spielteppich im Wohnzimmer, planscht bei den Großeltern im Pool und lässt sich seine Leibspeise schmecken: Ripperln von der Oma.
Ende Oktober 2018
Eine Kontrolluntersuchung in Erlangen bringt ein erfreuliches Ergebnis für Basti und seine Eltern: Flüssigkeiten haben sich nicht wieder angesammelt. Basti genießt es, seit September wieder im Kindergarten zu sein.
Ende November 2018
Die Krankenkasse erklärt sich bereit, die Klinikrechnung für Bastis Behandlung in Amerika zu übernehmen, nicht jedoch die Reisekosten und die Ausgaben, die die Eltern vor Ort leisten müssen (Hotel, Taxi, Medikamente etc.)
Ende Februar 2019
Bastis Eltern, Stefanie Leypold und Peter Andörfer, reichen ihre Abrechnung beim Finanzamt Amberg ein.
Juli 2019
Ein Jahr ist es nun her, dass Basti aus Amerika zurück ist – „es geht ihm seitdem richtig gut“, schreiben die Eltern auf der Facebook-Seite „Spenden für Basti“. Der Bub hat Radfahren gelernt, einen Schwimmkurs absolviert, freut sich auf die Sommerferien und fiebert seinem ersten Schultag entgegen.
Ostern 2020
Basti wartet darauf, dass der Osterhase zu ihm in den Garten hoppelt und ein Nest für ihn versteckt. Wegen Corona muss er – wie alle anderen Kinder auch – daheim bleiben. Wegen seiner schweren Erkrankung und seiner Infektanfälligkeit zählt der Sechsjährige zur Gruppe der Hochrisikopatienten. Das Virus kann für ihn sehr gefährlich werden.
1. September 2020
Vor dem Landgericht beginnt wegen der Spendengelder ein Zivilprozess, in dem sich Bastis Familie und die Kolpingsfamilie Herz Jesu Rosenberg als Parteien gegenüberstehen. Zu einer gütlichen Einigung kommt es nicht. Vereinbart wird, dass beide Parteien bis zum Verkündungstermin gemeinsam ein Schreiben an die Spender aufsetzen.
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