Dieser Gewaltakt sorgte vor 25 Jahren für Entsetzen in Amberg - und bewegt heute das Bündnis gegen das Vergessen: Wegen seiner Homosexualität wurde der gebürtige Amberger Klaus-Peter Beer 1995 bei einem Besuch in seiner Heimatstadt von zwei Rechtsradikalen im Stadtgraben so schwer misshandelt, dass er ums Leben kam. Die Täter warfen ihr übel zugerichtetes Opfer damals von einem Steg nahe der ehemaligen Jugendherberge in die Vils, wo Beer dann ertrunken ist. Zunächst gingen die Ermittler nicht von einer Straftat aus - doch dann stellte sich heraus: Der Amberger war Opfer eines Gewaltverbrechens geworden.
Gewalt gegen Homosexualität
Täter und Opfer waren sich in einer Kneipe in der Altstadt begegnet. Klaus-Peter Beer (48), der damals schon länger in Frankfurt lebte, war, wie er dies öfter getan hatte, auf Heimatbesuch in Amberg. Am Abend des 6. September 1995 machte er hier die Bekanntschaft zweier Männer, 18 und 21 Jahre alt. Die beiden waren den Behörden als Mitglieder der örtlichen Skinhead-Szene bekannt, wegen diverser Gewaltdelikte schon zu Jugendstrafen verurteilt. Nicht nur dies wusste Beer nicht. Das Duo hatte sich in der Kneipe abfällig über den Homosexuellen geäußert und darüber gesprochen, ihn wegen seiner Orientierung zu verprügeln.
Genau das taten die beiden, nachdem sie mit Beer früh morgens am 7. September das Lokal in Richtung Stadtgraben verlassen hatten. Hinter der ehemaligen Jugendherberge schlugen und traten die beiden so heftig auf den 48-jährigen Busfahrer ein, dass dieser schwerverletzt am Boden liegenblieb. Vom dortigen Steg aus warfen die Täter ihr Opfer in die Vils, wo Beer dann ertrunken ist. Zu diesem Ergebnis kam die Justiz, die sich in zwei Prozessen mit diesem Gewaltverbrechen beschäftigte.
Schuldspruch in zwei Instanzen
Die Jugendkammer am Landgericht Amberg unter Vorsitz des damaligen Landgerichtspräsidenten Josef Auernhammer sprach die Täter im Februar 1997 in erster Instanz der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig und verhängte Haftstrafen - für den Älteren, zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt, zwölf Jahre nach Erwachsenenstrafrecht, für den Jüngeren, 19-Jährigen, acht Jahre nach Jugendstrafrecht. Der ältere Verurteilte legte daraufhin Revision wegen eines Verfahrensfehlers gegen dieses Urteil ein. Weil der Bundesgerichtshof in Karlsruhe dem stattgab, wurde im April 1998 noch einmal in Amberg verhandelt, diesmal unter Vorsitz von Landgerichtsvizepräsident Günter Müller.
Die beiden Angeklagten blieben bei ihren Versionen, beschuldigten sich gegenseitig, auf Beer eingeschlagen und ihn dann sich selbst überlassen zu haben. Wie er in die Vils gelangte, darüber schwiegen die beiden, die sich im Prozess als Ex-Skins präsentierten. Tatsächlich tauchte der Ältere der beiden aber damals immer noch auf Unterstützerlisten rechtsradikaler Organisationen auf. Bis zu seiner Verhaftung zählte er zum harten Kern der rechten Szene. Sein jüngerer Kumpan galt einst als Kopf der Amberger Skinheads. Dessen Ex-Verlobte sorgte in der Revisionsverhandlung für eine Überraschung, als sie als Zeugin davon berichtete, wie die beiden Männer in einem Wald die Kleidungsstücke verbrannten, die sie bei der Tat angehabt hatten. In erster Instanz hatte die Frau noch geschwiegen.
Angeklagt waren die beiden Männer wegen Mordes. Weil die Revision keine Erhöhung des Strafmaßes zuließ (Verschlechterungsverbot), forderte Oberstaatsanwalt Klaus Demmel dieselbe Verurteilung wie im ersten Prozess 1997 - Haftstrafen von acht und zwölf Jahren wegen Totschlags. Dem folgte auch die Kammer unter Vorsitz von Günter Müller. Das Gericht wollte sein Urteil explizit auch als Mahnung gegen rechten Extremismus verstanden wissen. Müller machte dabei auch deutlich, dass nur das Verschlechterungsverbot die Angeklagten vor deutlich größeren Strafen bewahrte.
"Der Geist des Terrors"
Müller fand damals deutliche Worte, sprach von einem niederträchtigen Motiv. Beer habe alleine deshalb sterben müssen, weil er homosexuell war: "Die Angeklagten maßten sich an, einen Menschen hinzurichten, allein weil er sexuell nicht so empfand wie sie." Dies, so sagte Günter Müller, entspreche genau der schrecklichen Einstellung, wie sie in den Jahren von 1933 bis 1945 geherrscht habe, als Behinderte, Juden und auch Homosexuelle gefoltert und getötet worden seien, "nur weil sie anders waren". Eine brutale Gewalttat, verängstigte Zeugen und sogar eine Drohung eines Skinheads im Zuhörerraum gegen einen Reporter ("Der da ist der Nächste"): "Der Geist des Terrors lag über der Tat und der Hauptverhandlung", betonte Vorsitzender Günter Müller, der das Urteil auch als Warnung an mögliche Nachahmer verstanden wissen wollte.
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