Amberg
27.12.2018 - 10:40 Uhr

Über die Wirkung von Streusalz

Professor Dr. Peter Kurzweil lehrt Chemie an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden und erklärt, warum Salz Eis nicht wegschmilzt, sondern auflöst und warnt vor Umweltgefahren

Guten Rutsch? - muss nicht sein: Salz hilft, wenn die Wege glatt sind. Gut für die Umwelt ist es nicht. Ein OTH-Professor klärt auf. Bild: M. Dörr & M. Frommherz -stock.adobe.com
Guten Rutsch? - muss nicht sein: Salz hilft, wenn die Wege glatt sind. Gut für die Umwelt ist es nicht. Ein OTH-Professor klärt auf.

Wenn jetzt im Winter die Straßen glatt werden, herrscht Hochbetrieb in den Bauhöfen. Schon früh morgens muss gestreut werden. Bei besonders hartnäckigem Eis holen die Straßenmeistereien das Salz raus. Salz taut das Eis auf den Straßen auf. Aber wieso eigentlich?

Professor Dr. Peter Kurzweil lehrt Chemie an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden. Er kann genau erklären, wie das Auftauen funktioniert. Dabei fängt Kurzweil beim Grundsätzlichen an: "Wasser gefriert, wenn es kälter als null Grad Celsius wird. Mischt man Salz ins Wasser, dann sinkt der Gefrierpunkt. Salzwasser bleibt also auch bei Minusgraden flüssig." Je nachdem, wie viel Salz im Wasser gelöst ist, gefriert es erst bei -21 Grad. Man braucht für diesen niedrigen Gefrierpunkt aber ein halbes Pfund Salz auf einen Liter Wasser, ein Problem für die Umwelt.

Wenn sich Streusalz mit der Schnee- und Eisdecke auf den Straßen vermischt, entsteht eine Salzlösung. Oben liegt also flüssiges Salzwasser, unten festes reines Wasser in Form von Eis. Jetzt wird es kompliziert: "In der Natur reagieren Stoffe so, dass solche Konzentrationsunterschiede ausgeglichen werden", erklärt Peter Kurzweil. Aus den Eiskristallen gehen immer mehr Wassermoleküle in die Salzlösung über. Das Eis löst sich Stück für Stück, Schicht für Schicht, auf. "Und am Ende gibt es nur noch flüssiges Salzwasser."

Je nach Außentemperatur kann die Salzlösung kälter als null Grad Celsius sein. "Es heißt zwar Auftausalz, aber wärmer wird es beim Streuen nicht", erklärt Professor Kurzweil. "Auftauen verbindet man im Alltag mit einer beheizten Umgebung, zum Beispiel einem Ofen." Das Eis auf der Straße wird aber nicht weggeschmolzen, sondern eben aufgelöst. Übrig bleibt Salzwasser, das erst gefriert, wenn es sehr kalt ist. Unter minus 20 Grad Celsius hilft auch Streusalz nichts. Denn dann gefriert auch die Salzlösung.

Zurückhaltend streuen

Streusalz ist übrigens gar nicht so leicht auszubringen, wie man sich das vorstellt. Auf einem Fußweg ist es einfach: Hinstreuen, fertig. Auf der Straße bewegen sich Autos mit hoher Geschwindigkeit. Weil sich das Salz nicht gleich im Wasser löst, besteht die Gefahr, dass die Salzkörnchen weggeschleudert oder vom Fahrtwind weggeweht werden. Deswegen befeuchten die Straßenmeistereien das Salz mit etwas Wasser. Aus den Streuwägen wird dieses "Feuchtsalz" verstreut.

Je strenger der Winter und je mehr Schnee und Erisregen fallen, umso mehr Auftausalz wird auf den Straßen eingesetzt. Im vergangenen Winter waren die Streusalzlager der Gemeinden und Autobahnmeistereien nach wenigen Wochen schon ziemlich leer.

Peter Kurzweil rät grundsätzlich dazu, nur dann zum Streusalz zu greifen, wenn es unbedingt nötig ist. "Das Salz, das wir ausstreuen, schadet der Natur", so der Professor. Katzen und Hunde bekommen wunde Pfoten, empfindliche Menschen leiden am Salznebel, gesunder Boden wird unfruchtbar, Gewässer versalzen. Aber auch Beton und Stahl sind anfällig für Korrosion durch Salz. Autos rosten. Auch das Streuen von Asche oder Kies ist nicht ideal. Deswegen sollte man solange es geht, mit Schneeschaufel und Besen seine Wege freihalten.

Ein besonderer Stoff

"An diesen Beispielen zeigt sich die Doppelnatur von Salz", sagt Peter Kurzweil. Salz kann Lebensmittel haltbar machen, aber auch Bäume schädigen. "Ohne Salz hätte es keine menschliche Zivilisation gegeben." Salz war bis in die Neuzeit eines der wichtigsten Handelsgüter. "Die Amberger Plätten, die Eisenerz zur Donau und nach Regensburg transportierten, brachten Salz wieder mit nach Hause", erinnert Peter Kurzweil. Der Salzstadelplatz bezeugt diese Geschichte heute noch. Und Salz war auch für den Staat wichtig - eine der ersten Steuern, die eingeführt wurde, war die Salzsteuer. Die Römer bezahlten mit den Einnahmen aus der Salzsteuer ihren Krieg gegen Karthago. In Deutschland wurde die Salzsteuer im Jahr 1993 aufgehoben.

Das Streusalz war schon vorher steuerfrei. Geht man nach der chemischen Zusammensetzung, ist Streusalz gleich Kochsalz. Allerdings wird Streusalz durch Zusatz bitter schmeckender Salze ungenießbar gemacht.

Auch wenn Salz reichlich vorhanden ist, sollte man nicht gedankenlos damit umgehen, fordert der Professor. "Ihr seid das Salz der Erde", heißt es in der Bergpredigt . "Im Umgang mit unserem Planeten müssen wir auf die richtige Dosierung unserer Eingriffe achten". (söm)

"Salz hat eine Doppelnatur", sagt OTH-Professor Peter Kurzweil. Bild: exb
"Salz hat eine Doppelnatur", sagt OTH-Professor Peter Kurzweil.
Im Winter gehört der Streudienst zum Straßenbild. Doch das Salz bleibt in der Natur. Bild: pe-foto - stock-adobe.com
Im Winter gehört der Streudienst zum Straßenbild. Doch das Salz bleibt in der Natur.
Ohne Salz kein menschliches Leben. Es kann aber auch schaden... Bild: HandmadePictures - stock.adobe.com
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