Pilot im Baum, Hund im Steinbruch: Einsätze für die Bergwacht Fuchsmühl

Fuchsmühl
28.12.2021 - 18:20 Uhr
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Berge gibt es im Landkreis Tirschenreuth nicht, aber seit 52 Jahren in Fuchsmühl eine Bergwacht, die immer wieder zur Hilfe gerufen wird. Einer aus dem Team ist Martin Wührl. Er war 2021 bei nicht alltäglichen Einsätzen dabei.

Am 10. Oktober war der Mischlingshund „Henry“ im Steinbruch bei Pechbrunn 15 Meter abgestürzt. Die Bergwacht Fuchsmühl wurde alarmiert. Martin Wührl (Bild) holte den Vierbeiner unverletzt nach oben.

Martin Wührl ist seit 15 Jahren bei der Bergwacht Fuchsmühl (Landkreis Tirschenreuth). Einsätze hatte er schon etliche. Verletzte Wanderer, Kletterer, Skifahrer oder Schlittenfahrer mussten geborgen werden, aber auch bei der Suche nach Vermissten war der 57-Jährige schon öfter dabei. Drei Einsätze im Jahr 2021 waren für den Fuchsmühler aber eher ungewöhnlich.

"Ich war in der Arbeit in Weiden", erinnert sich der Justizvollzugsbeamte an die Alarmierung am 17. Juni. "Es hieß nur, ein Flugzeug sei abgestürzt." Mit dem Motorrad fuhr er direkt zum Wald am Egerer Waldhäusl bei Bad Neualbenreuth. "Feuerwehren und Rettungsdienste waren schon vor Ort, genauso meine Bergwachtkameraden", sagt Wührl. "Auch der zunächst vermisste Pilot, der mit dem Fallschirm abgesprungen war, war schon gefunden worden und hing in einem Baum." Bestens ausgebildet auch für solche Fälle kletterte der Fuchsmühler zu dem Piloten hinauf. "Normalerweise gehen wir mit einer Art Steigeisen auf die Bäume. Damals hatte die Feuerwehr schon Leitern aufgestellt."

Pilot aus dem Baum geholt

Der 59-jährige Pilot sei zwar ansprechbar gewesen, hätte aber große Schmerzen gehabt. "Ich habe ihn beruhigt, mit ihm gesprochen. Innerhalb von etwa fünf Minuten hatten wir den Mann unten", erinnert sich Wührl. Mit einem Hubschrauber wurde der schwer verletzte Pilot ins Krankenhaus geflogen. Warum er mit seinem Motorsegler abgestürzt war, konnte bisher nicht geklärt werden.

Auch jetzt gehe dem Bergwachtler der Einsatz noch öfters durch den Kopf. "Wichtig ist, hinterher darüber zu reden und alles aufzuarbeiten. Vor Ort denkt man nicht darüber nach, man versucht nur zu helfen. Aber ich habe das gut weggesteckt, denn sonst könnte ich diesen Job nicht machen."

Am 10. Oktober hieß es für Wührl und seine Bergwachtkameraden erneut ausrücken zu einer Rettung nicht alltäglicher Art. In einem Steinbruch bei Pechbrunn war ein Hund abgestürzt. Die Feuerwehr kam trotz Drehleiter nicht an das Tier heran: Ein Fall für die Bergwacht. "Es war schon dunkel, als wir ankamen", erzählt der 57-Jährige. "Der Hund lag auf einem Plateau, 15 Meter unter uns. Danach geht es nochmals 50 Meter runter in den Steinbruch. Ein Rettung von unten war nicht möglich."

Zu abgestürztem Hund abgeseilt

Nach kurzer Beratung wurde entschieden, dass sich zwei Mann zu dem Hund abseilen. "Da ich zu Hause selbst einen Hund habe, sollte ich dabei sein", erzählt Martin Wührl. Die Kameraden ließen die Retter zu dem Hund hinunter. "Wir hatten keinen Bergesack dabei und wussten auch nicht, wie der Hund reagiert."

Wührl redete mit dem Vierbeiner, der sich auch widerstandslos anfassen ließ, und brachte ihn unverletzt nach oben. "Der Hund war richtig froh, dass wir gekommen sind", so Wührl. Auch der Besitzer des Tieres war überglücklich. "Henry und sein Herrchen haben uns in der Bereitschaft besucht und uns nochmals gedankt", verrät der 57-Jährige.

Eine Frau aus Schwandorf hat dies mit einem Brief an die Bergwacht Fuchsmühl getan. "Liebe Bergwachtler, ich möchte mich für die professionelle, schnelle und vom Teamgeist getragene Hilfe bedanken. Wenn man wie ich das Pech hat, und auf Rettung angewiesen ist, kann man sich glücklich schätzen, dass es euch gibt. Ganz besonders wird mir dabei immer dieses Miteinander in Erinnerung bleiben, das es bei euch gibt", steht in dem Brief vom 8. November.

Frau mit Seilbahn gerettet

Die Frau war zwei Tage vorher, am Samstag, 6. November, im Waldnaabtal am Uferpfad unterwegs, war umgeknickt, hatte sich am Sprunggelenk verletzt und konnte nicht mehr laufen. "Der Hubschrauber, der in den vergangenen Jahren immer öfter bei uns im Einsatz war, konnte an diesem Tag nicht fliegen. Das Wetter war zu schlecht", erinnert sich Martin Wührl.

Ein Abtransport der Verletzten über den steinigen, wurzeligen und zum Teil steilen Uferpfad wäre nicht unproblematisch gewesen. So bauten die Bergwachtkameraden der Bereitschaften Fuchsmühl und Weiden eine Seilbahn über die Waldnaab. Die Frau wurde in einen Bergesack eingepackt und über den Fluss transportiert. "Das war die patientenschonendste Methode", sagt Wührl. Ein Geländewagen brachte die Verletzte aus dem Waldnaabtal.

So unterschiedlich die drei Einsätze waren, so gut ist die Bergwacht darauf vorbereitet. "Die Ausbildung bei uns dauert normalerweise drei Jahre. Sieben Prüfungen, wie Eignungstests Winter und Sommer, ein Hubschrauber-Grundlehrgang, Natur- und Umweltschutz und natürlich - ganz wichtig - die Sanitätsausbildung gehören dazu." Für die Ausbilder, wie Wührl, steht alle zwei Jahre eine Weiterbildung an. 39 Leute gehören zur Bergwacht Fuchsmühl, darunter zwei Anwärter und eine Anwärterin, die erst vor kurzem ihre Prüfungen abgelegt haben.

So lange es geht weitermachen

"Ich bin ein Spätberufener", sagt Wührl, der erst vor 15 Jahren zur Bergwacht kam, der aber seit seiner Jugend immer natur- und bergbegeistert war. 20 Jahre führte er beim Deutschen Alpenverein als Übungsleiter zig Schneeschuh- und Klettersteigtouren. Als vor 15 Jahren ein Bekannter gesagt habe: "So jemand wie dich brauchen wir", hatte er sich für die Bergwacht entschieden. "Beides geht nicht", sagt er und hörte beim DAV auf. Aktiv will er weiter bei der Bergwacht bleiben "so lange es geht und so lange ich es mir zutraue".

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Ein Frau wird mit einer Seilbahn von der Bergwacht über die Waldnaab gebracht. Die Schwandorferin hatte sich am 6. November bei einer Wanderung am Sprunggelenk verletzt und konnte nicht mehr laufen.
Hintergrund:

Martin Wührl

  • Alter: 57 Jahre
  • Verheiratet, 2 Söhne, 24 und 28 Jahre
  • Wohnort: Fuchsmühl
  • Beruf: Justizvollzugsbeamter
  • Bergwachtmitglied seit 15 Jahren, davor 20 Jahre Übungsleiter beim Deutschen Alpenverein
  • Bergwacht-Ausbilder seit vier Jahren
  • Bergwacht Fuchsmühl:
    Gründung: 1969. Eine von 110 Bergrettungswachten in Bayern mit insgesamt 4200 ehrenamtlichen Einsatzkräften mit etwa 12 000 Einsätzen jährlich
  • Mitglieder: 39
  • Aufgaben: Im Winter Einsatz an den Skiliften Pfaben und Großbüchlberg und auf über 40 Kilometer Langlaufloipen. Im Sommer zuständig für das Gebiet im Steinwald rund um den Oberpfalzturm bis zum Hackelstein und zum Pfaben, für das Waldnaabtal und für die Gegend um Kemnath. Instandhaltung und Betreuung des Klettersteiges am Augsburger Felsen.

„Wichtig ist, hinterher darüber zu reden und alles aufzuarbeiten. Vor Ort denkt man nicht darüber nach, man versucht nur zu helfen.“

Martin Wührl, Bergwacht Fuchsmühl

Martin Wührl, Bergwacht Fuchsmühl

 
 

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