Plötzlich Hotspot
AUSGANGSSPERRE| Den 18. März 2020 werden alle Beteiligten wohl nicht vergessen: Der Landkreis zieht in der rasant wachsenden Coronawelle die Notbremse und verhängt eine Ausgangssperre für Mitterteich. Dort ist die Zahl der Infizierten besonders hoch. Am Abend macht sich Innenminister Joachim Herrmann ein Bild vor Ort. Die Maßnahme sei absolut angemessen, urteilt er nach einem Besuch des Katastrophenschutzstabs: „Es muss konsequent gehandelt werden und das wird auch getan.“ Die Stadt wird für drei Wochen als erste in Deutschland abgeriegelt. Nur zur Arbeit und zu den nötigsten Einkäufen dürfen die Bewohner die Häuser verlassen. Bis Mitte April steigt die Zahl der Todesopfer stark an. Ende des Jahres sind 178 Landkreisbürger an oder mit Corona gestorben.
Innenminister besucht Hotspot Mitterteich
Waldsassen ohne Krankenhaus
ENDE EINER ÄRA| Das Ende hat sich lange angekündigt und kommt dann doch überraschend. Seit Mai ist auch die Orthopädie-Reha in Waldsassen Geschichte. Akutstationär war schon seit einem Jahr nichts mehr los in der Klosterstadt. Die Kliniken AG führen damit ihren Sanierungskurs fort. Eine neue Verwendung bekommt das Gebäude vorübergehend als Corona-Testzentrum und – ganz neu ab Jahresende – als Impfzentrum für den Landkreis. Derweil wird ein Käufer gesucht, der das Haus in irgendeiner Form als Gesundheitszentrum weiterführt.
Andy sagt "Ja"
HOCHZEIT| Für Eheschließungen im großen Stil ist 2020 kein gutes Jahr. Dennoch trauen sich einige ins Standesamt – manche sogar zum zweiten Mal. So wie NT-Wetterfachmann Andy Neumaier, der in seiner Heimatstadt Mitterteich „Ja“ zu Partner Heiko sagt. Angetan mit Masken in Regenbogen-Farben feiert das Paar mit den engsten Familienangehörigen ein fröhliches Fest. Eigentlich wollten die beiden 42-Jährigen, die seit sieben Jahren zusammen sind, in Stockholm heiraten und anschließend auf Ostsee-Kreuzfahrt gehen. Wegen der Corona-Entwicklung wird die Hochzeit im Juni nach Mitterteich verlagert.
Wetterexperte traut sich wieder
Kaum Zeit für Feiern
NATURPARK| 50 Jahre alt wird der kleine, aber feine Naturpark Steinwald. Die Festlichkeiten halten sich wegen Corona in Grenzen – selbst unter freiem Himmel sind heuer nirgendwo größere Veranstaltungen drin. Bei einer Mini-Feier in der Stadthalle Erbendorf mit 70 Gästen lobt Regierungspräsident Axel Bartelt die Schönheit des Landstrichs, der von viel Wald und bizarren Felsen geprägt ist.
Becken leer
KAUM BADEFREUDEN| Viele Freibäder im Landkreis öffnen gar nicht erst in diesem Corona-Sommer. Die Hallenbäder erleben nur einen kurzen Notbetrieb und müssen ab November schließen. Und auch das Sibyllenbad, das nach der Ernennung zum Kurort „Bad Neualbenreuth“ so hoffnungsvoll ins neue Jahr gestartet ist, hat die deprimierendste Saison seit Bestehen hinter sich.
Verhaltener Neustart im Sibyllenbad
Studien schaffen mehr Klarheit
ANTIKÖRPER| Wie immun sind die Landkreisbürger gegen das Coronavirus? Eine Antikörper-Langzeit-Studie der Uni-Kliniken Regensburg und Erlangen soll Aufschluss bringen. Über 4000 Erwachsene lassen sich drei Mal Blut abzapfen. Erstes Ergebnis: Fast jeder zehnte Teilnehmer hat bereits Antikörper, die wenigsten verspürten Krankheitsanzeichen. Eine weitere Studie bringt etwas Aufklärung, warum sich das Virus im Landkreis so rasant verbreitet hat: Es war wohl eine Mischung aus Zoigl, Starkbierfest und Skiurlaub. Viel spricht dafür, dass es schon im Februar unerkannte Infektionen gab.
Ungewöhnliche Baustelle
SPATENSTICH|In vielen Kommunen steht das öffentliche Bad auf der Kippe, Erbendorf baut sich eins: An der Grund- und Mittelschule entsteht eine neue Schwimmhalle für 4,8 Millionen Euro. Betreiber des Hallenbades, das vorrangig dem Schwimmunterricht dient, werden die Stadtwerke sein. Zum Spatenstich im Mai freut sich die „Steinwald-Gastro Bau- und Betriebs-GmbH“ über den Besuch des Regierungspräsidenten. Zum Jahresende ist der Bau schon recht weit fortgeschritten.
Zum Bericht über den Spatenstich
Feuer gelöscht
BRÄNDE| Gut beschäftigt sind die Feuerwehrleute bei vielen Einsätzen das ganze Jahr über. Im Januar brennt in Altmugl ein Schweinestall ab. Fast 300 Tiere sind nicht mehr zu retten. Einen zweiten Großbrand gibt es im November in Erbendorf in einem landwirtschaftlichen Anwesen. Der Schaden ist auch hier enorm. Bei Gumpen steht im Oktober eine Feldscheune in Flammen. Bei einem Feuer im Waldershofer Altenheim reagieren die Pfleger schnell und alarmieren die Feuerwehr: Ein Bewohner wird mit Rauchgasvergiftung aus seinem brennenden Zimmer gerettet, ein Mitarbeiter muss ebenfalls im Krankenhaus. Glimpflich geht ein weiterer Einsatz in Waldershof aus: In einem Neubau verursacht ein Ladegerät einen Brand, der schnell bemerkt und von Feuerwehrleuten mit Atemschutz unter Kontrolle gebracht wird.
Schnelle Hilfe
RETTUNGSWESEN| 2020 ist ein gutes Jahr, was die Voraussetzungen im Rettungswesen betrifft. Im Juli beginnt der Bau einer Wache in Wernersreuth, wo die Johanniter seit 2019 einen neuen Rettungswagen-Standort betreiben und rund 700 Einsätze im Jahr absolvieren. Eine Besonderheit ist hier die Besetzung mit vier Frauen und einem Mann. Auch in Griesbach gibt es Neuigkeiten: Das BRK, das hier einen Rettungsstandort installiert hat, eröffnet im Dezember die neu gebaute Wache. Vorerst bis 2024 ist der Betrieb am Grenzkamm gesichert.
Bericht über Einweihung der Wache in Griesbach
Kemnath schwimmt in Geld
MILLIONEN| Mit dem niedrigsten Gewerbesteuersatz von ganz Bayern katapultiert sich die Stadt Kemnath in die Schlagzeilen. Firmensitz-Umschichtungen innerhalb des Siemens-Konzerns machen es möglich: Die erwarteten Einnahmen steigen von 12 Millionen auf unglaubliche 98 Millionen Euro. Das wirkt sich langfristig auch positiv auf die Kreisumlage aus, die Kemnath zur Hälfte allein schultert.
CSU stellt Landrat
LANDRATSWAHL| Fast 30 Jahre hat es gedauert, bis die CSU nach Franz Weigls Rücktritt wieder den Landratsposten besetzt. Roland Grillmeier gewinnt überraschend schon im ersten Wahlgang am 15. März mit fast 56 Prozent. Ely Eibisch von der Freien Wählern holt 31 Prozent. Auf Anna Toman von den Grünen entfallen knapp 8 Prozent. Für den SPD-Kandidaten Thomas Döhler bleiben nicht einmal 6 Prozent der Stimmen.
Chefwechsel in 13 Rathäusern
BÜRGERMEISTER| In der Hälfte der Rathäuser gibt es neue Chefs. Als einzige Kandidaten stehen früh Franz Schöner in Mähring, Bernd Schindler in Brand, Matthias Grundler in Falkenberg, Oskar Schuster in Friedenfels und Marion Höcht in Krummennaab fest. Bei je zwei Bewerbern setzen sich Hans Walter in Kastl und Margit Bayer in Waldershof durch. Wolfgang Söllner in Ebnath, Johannes Reger in Erbendorf, Thomas Kaufmann in Immenreuth und Stephan Schübel in Pechbrunn hatten zwei Konkurrenten. Gegen drei Mitbewerber gewinnen Roman Schäffler (Kemnath) und Stefan Grillmeier (Mitterteich). Keine Konkurrenz haben Franz Stahl (Tirschenreuth), Hubert Kraus (Pullenreuth), Günter Kopp (Kulmain), Klaus Meyer (Bad Neualbenreuth) und Werner Prucker (Reuth). Bei einem Gegenkandidaten setzen sich Toni Dutz (Wiesau), Johann Burger (Leonberg), Lothar Müller (Plößberg), Peter König (Neusorg) und Wolfgang Braun (Fuchsmühl) durch. Max Bindl (Konnersreuth) und Bernd Sommer (Waldsassen) bleiben bei zwei Mitbewerbern ohne Stichwahl im Amt, Alfred Stier (Bärnau) holt das zwei Wochen später nach.
Ergebnisse der Bürgermeisterwahlen
Kurzarbeit und Boom
WIRTSCHAFT | Viele Betriebe im Landkreis leiden unter den Corona-Auswirkungen und müssen Kurzarbeit anmelden. Einigen Firmen beschert die Krise aber auch einen Boom, beispielsweise den Fahrradherstellern Ghost in Waldsassen und Cube in Mitterteich. Bei Schott in Mitterteich wird wie immer rund um die Uhr gearbeitet – auch, um den enormen Bedarf an Glasröhrchen für Millionen von Impfdosen zu decken. Zum Jahresende sorgt die Ziegler-Group für Knaller-Nachrichten: 220 Millionen Euro will man in die Produktion von Fertighäusern in Tirschenreuth stecken, 60 Millionen in ein Werk für Holzfaser-Dämmplatten in Bärnau. Mehr als 1000 neue Arbeitsplätze im Stiftland stehen in Aussicht.
Ziegler hat noch große Pläne im Landkreis
Kulturpreis nach Krummennaab
KUNST| In der ehemaligen Mannl-Villa in Krummennaab gedeiht herausragende Kunst: Der Kulturpreis der Oberpfalz geht an Bernhard Dagner. Der Künstler schafft seit 1999 in dem aufwendig hergerichteten Gebäude beeindruckende Werke aus Glas. „Für mich sind Zeit und Platz der größte Luxus und beides habe ich hier“, genießt er seinen Freiraum. Ansonsten blüht die Kultur im Landkreis dieses Jahr zwangsläufig eher im Verborgenen. Von den wenigen möglichen Terminen ragen die zu Ehren von Herbert Molwitz heraus. Dem Maler und Kupferstecher sind zum 50. Todestag Ausstellungen in Mitterteich und Tirschenreuth gewidmet. Diese Doppel-Veranstaltung ist ein nahe liegendes Novum, denn in der Kreisstadt hatte der Künstler ein Haus gebaut und verbrachte dort seine letzten Jahre. Mit Mitterteich war er seit frühester Jugend ver-bunden und ist dort begraben.
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