Katrin und Markus Schiml haben das uralte Gasthaus, das die Neustädter Straße am Schlosshof in Windischeschenbach etwas verengt, 2012 gekauft. Direkt daneben steht Katrins Elternhaus, in dem das Ehepaar mit Oma und Opa Krug sowie den Söhnen Noah (11) und Jakob (7) wohnt. Ein Nebengebäude ist abgerissen, der Dachstuhl winterfest überspannt. Darunter ersetzen Zimmerleute marode Balken. In der ehemaligen Gast- und späteren Zoiglstube stehen Holzskier an der Wand, der Zoiglstern baumelt über einem betagten Röhrenfernseher.
Vorsichtig geschätzt in zweieinhalb Jahren hoffen Katrin und Markus, die Renovierung des historischen Gebäudes geschafft zu haben und über der ehemaligen Zoiglstube einzuziehen. Bis dahin werden sie noch viel Arbeit und Geld investieren. „Die Bausumme erscheint hoch, ist aber nach Abzug der Förderungen ähnlich wie bei einem Neubau mit Grund“, meint Katrin Schiml. Sie nennt einen Betrag im unteren siebenstelligen Eurobereich den die Familie für die Sanierung veranschlagt hat.
Wenn man jeden Nagel im Haus kennt, ist das schon toll.
Das Konto der Bauherren wird wesentlich höher belastet als noch vor sieben Jahren gedacht, als das Projekt mit Befunduntersuchungen und den Absprachen mit dem Architekten startete. Grund sind nicht die alte Bausubstanz oder konservatorische Überraschungen, sondern die hohen Kostensteigerungen im Baubereich. Matthias Krämer, der die Restaurierung denkmalpflegerisch begleitet, spricht von Erhöhungen um 30 bis 40 Prozent in den vergangenen 10 Jahren. "Entweder wir müssen uns die Kostensteigerungen leisten oder das Projekt kommt zum Stillstand", nennt Schiml die Alternativen. Sie freut sich darauf, wenn alles fertig ist und der Holzboden wieder knarzt. "Wenn man jeden Nagel im Haus kennt, ist das schon toll."
Wir haben eine bewusste Entscheidung für eine denkmalgerechte Wiederherstellung getroffen.
Schon mit der Unterschrift unter den Notarvertrag vor acht Jahren besiegelten die neuen Besitzer, dass sie sich an alle vom Denkmalschutz vorgegebenen Maßnahmen halten müssen. Für Schimls aber kein Problem. "Wir haben eine bewusste Entscheidung für eine denkmalgerechte Wiederherstellung getroffen", sagt Katrin. "Es ist hoch spannend, was man alles entdeckt." Dazu zählen eine Silbermünze von 1703, eine Zeitung "Der Jungarbeiter" aus dem Jahr 1930, Briefe an eine Mutter mit der Datumsangabe 1929, die sich im Fußboden fanden. Ebenso wie bei einem Meisterbrief hat Schiml noch keine Ahnung, in welcher Beziehung die Fundstücke zum Haus oder dessen Bewohnern standen.
Dass sich hinter dem Putz Fachwerk verbarg, ist weder für die beiden Besitzer noch für den Denkmalexperten eine Überraschung. Offenes Fachwerk sei in der Gegend anders als in Franken nicht üblich gewesen. "Schon 1736 wollte man durch Verblendungen den Eindruck erwecken, dass das Haus gemauert sei", weiß Denkmalexperte Krämer. So soll es auch nach der Renovierung sein mit Ausnahme des Giebeldreiecks, in dem die Holzkonstruktion sichtbar sein wird. Krämer: "Mauern waren früher ein Zeichen von Geld." Wegen der Statik mussten die Wände aus Stein für ein Gebäude wie den zweistöckigen Stern mit hohem Giebel unten extrem dick sein und das war teuer.
Neben den Besitzern und den Großeltern helfen auch die beiden Buben bei den Arbeiten eifrig mit. Sie durften zusammen mit Krämers Söhnen die Inschrift mit Wappen aus der Wand lösen, damit sie beim Bau nicht kaputt geht und währenddessen in einer Werkstatt restauriert werden kann. "Das vergessen die Jungs ein Leben lang nicht", sagt die Mama. Die Entwicklung des Gebäudes zu sehen, sei für Groß und Klein spannend, besonders für den Nachwuchs, der mit der Baustelle mitwachse.
Wenn alles fertig ist, sollen die Buben ihren Bereich in der Galerie unterm Dach haben. Die Eltern wohnen im 1. Stock. Das Schlafzimmer kommt in einen modernen Glasanbau neben Katrins Elternhaus. Dort sollen auch die neuen Zoigltanks ihren Platz finden. Die alten standen im kleinen Keller.
"Als wir das Haus kauften, sind wir noch von vierwöchentlichen Ausschankterminen ausgegangen", erinnert sich Katrin Schiml an die Pläne, den ehemaligen "Stern"-Zoigl zu reaktivieren. Mittlerweile habe sich viel verändert. Darunter auch die Arbeitsbelastung des Ehepaars, das Edeka-Märkte in Vohenstrauß, Hirschau und Schwarzenfeld betreibt. Schiml: "Alle vier Wochen Zoigl wird zu viel." Aber dennoch soll die Zoiglstube wieder eine Zoiglstube werden mit Biergarten unter der Kastanie vor dem Haus und im Kommunbrauhaus gebrautem Bier. "Die Leute freuen sich schon", weiß Katrin aus den Reaktionen, nachdem ihre Pläne die Runde machten. Verpachten will das Ehepaar Schiml nicht, sondern selbst ausschenken. Für eine Entscheidung, auf welchen Rhythmus sich die Gäste einstellen können, oder zur Reservierung für ein Fest, ist es aber noch zu früh.
Aus der Geschichte des Hauses
- Erbaut um 1600.
- Erster bekannter Eigentümer ist der Wagner Andreas Elbl.
- Am 31. März 1736 kauft Johann Anton Wildenauer die "Behausung […] welche zum Einfahlen ruinos, und verfaullet. mithin ohne Feuers und Lebens Gefahr nicht mehr zu bewohnen", wie es im Kaufbrief heißt.
- Der heutige Baukörper scheint auch nach der dendrochronologischen Untersuchung der Balken aus dem Jahr 1736 zu stammen.
- In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es häufige Besitzerwechsel.
- Am 30. Dezember 1889 erwerben die Fabrikarbeiterseheleute Margaretha und Eugen Wildenauer das Haus vom Postboten Josef Bauer.
- Das Anwesen wird in der Familie vererbt und gelangt 1937 in den Besitz der Bäckermeisterswitwe Margarete Lindner, geborene Wildenauer.
- 2012 kaufen Markus und Katrin Schiml den ehemaligen Gasthof "Stern" in der Neustädter Straße 24 in Windischeschenbach vom Bäckermeister Heinrich Lindner.
- Das Gebäude überstand zwei verheerende Brände unbeschadet: den Schlossbrand am 17. Februar 1810 und den Stadtbrand am 12. Juni 1848. (ui)
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