Die Ausbildung war eine mutige Entscheidung. Denn schließlich galt das Bierbrauen zu dieser Zeit immer noch als reine Männersache. „Seitdem habe ich jedoch schon einige Chefs vom Gegenteil überzeugt“, sagt die Ambergerin und lacht. „Inzwischen stellen sie alle sehr gerne Frauen ein.“
Durch die Traditionsbrauerei in Freudenberg weht ein Hauch Geschichte. Seit Jahrhunderten wird hier Bier gebraut. Wie viele Brauer hier gearbeitet haben, weiß heute niemand mehr. Doch eins ist sicher: Maria Aschenbach ist die erste Brauerin. Eine Frau, die Bier braut – früher undenkbar, heute Alltag in dem Familienunternehmen. „Mein Chef hat schnell gemerkt, dass ich die Arbeit besser mache als so mancher Mann, deswegen habe ich auch einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekommen“, erzählt die 42-Jährige. „Bei den Brauereien, in denen ich vorher gearbeitet habe, war das leider nicht so. Da gab es immer nur befristete Verträge, weil man davon ausging, dass bei einer Frau irgendwann die Kinder kommen und dann ist sowieso Schluss mit dem Bierbrauen.“ Schluss ist bei Maria Aschenbach so schnell definitiv nicht. „Ich möchte auf jeden Fall als Bierbrauerin alt werden“, sagt sie und lacht. „Es macht unglaublich Spaß, von Anfang bis Ende dabei zu sein, wenn so ein traditionelles Getränk entsteht. Und wenn man dann auch noch sieht, wie viele Menschen man mit einer Palette Bier glücklich machen kann, das ist unbeschreiblich.“ Glücklich macht die Ambergerin jedoch nicht nur die, die ihr Bier kaufen, sondern auch sich selbst. „In so einer Altbrauerei kann man die ganze Woche mit Bier verbringen. Man sieht es, man fühlt es, man schmeckt es und man riecht es. Man hat immer diesen direkten Blickkontakt zum Bier.“
Heute ist Maria Aschenbach heidenfroh, dass es damals nach dem Quali nicht mit der geplanten Ausbildung zur Floristin klappte. „Als ich plötzlich ohne Lehrstelle dastand, habe ich eine Annonce in die Zeitung gesetzt. Es hat sich eine Brauerei gemeldet. Ich hab mir das dort angeschaut und wusste sofort: Das will ich machen.“ Bisher war Maria Aschenbach in jeder Brauerei, in der sie arbeitete, die erste Frau im Sudhaus. Probleme hatte sie damit aber nie. „Ich komme schon immer gut mit Männern aus“, erklärt sie. „Klar muss ich mir auch mal einen blöden Spruch anhören, aber dann gibt es eben einen blöden Spruch zurück – fertig. Beleidigt wird da niemand.“ Nach 25 Jahren im Beruf ist es für die Brauerin nichts Besonderes mehr, als Frau in einer sogenannten Männerdomäne zu arbeiten. „In den letzten Jahren hat sich viel getan. Ich war zwar in jeder Brauerei die erste Frau, nach mir wurden dann aber überall gerne Mädchen als Auszubildende eingestellt. Gerade durch diese Craft-Beer-Schiene sind nun auch ganz viele Frauen auf den Biergeschmack gekommen und haben Interesse an diesem Beruf.“ An ihrem Arbeitsplatz durfte Maria Aschenbach inzwischen auch einer Auszubildenden die Freude am Bierbrauer-Handwerk näherbringen. Sie war somit zwar die erste Frau, die eingestellt wurde, aber nicht die letzte. „Eine Zeit lang war die Frauenquote hier sogar höher als die Männerquote“, sagt sie zufrieden und nimmt einen Schluck von ihrem wohlverdienten Feierabendbier.
Denn Bier ist für die Ambergerin nicht nur Beruf, sondern Berufung. Zusammen mit Freunden braut Maria Aschenbach auch nach Feierabend noch Bier – oder trinkt es eben. „Wer zu mir kommt, kommt nicht auf ein Glas Wein“, sagt sie und lacht. „Bei mir gibt es eben Bier. Und ein gutes Bier schmeckt am besten in einer geselligen Runde, in der man dann auch noch ein bisschen fachsimpeln kann. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Geschmacksnuancen da entdeckt werden.“
„Ich bin über 40 und habe noch keine Falten und kein einziges graues Haar“, sagt Maria Aschenbach lachend. „Das kommt nur vom guten Bier.“ Denn sie braut das Traditionsgetränk nicht nur, sondern lässt es sich auch selbst gerne mal schmecken. Für die Zukunft liebäugelt Maria noch mit der Biersommelier-Prüfung, ansonsten soll einfach alles so bleiben wie es ist. „Wenn ich am Ende des Tages zufrieden mein Feierabend-Bier aufmache, weiß ich, ich habe alles richtig gemacht.“
Seit über 500 Jahren wird in Freudenberg Bier gebraut, seit fünf Jahren erstmals von einer Frau. Maria Aschenbach ist hier zwar die erste Brauerin, aber nicht die letzte.
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