Einen Nachholtermin für die 41. Auflage des Freundschaftstreffens der Arbeitsgemeinschaft Neustadt in Europa wird es nicht geben. Darin waren sich die Teilnehmer der Bürgermeisterrunde einig. Die Fahrt von Bürgerwehr, Offiziellen und Interessierten nach Neustadt an der Aisch wurde abgesagt. Die Rathauschefs kamen per Videokonferenz zusammen.
Neuestes Mitglied der Städtefreundschaft ist Christian-Neustadt im Burzenland. Die aktuell auch südlichste Gemeinde der Arbeitsgemeinschaft findet sich in Siebenbürgen in Rumänien. Seit zehn Jahren bemühe sich die Kommune, Mitglied bei dem Städtebund zu werden, berichtete Hans Schreyegg. „Es liegt wunderschön“, so der Ehrenvorsitzende. Seit dem Online-Treffen der Bürgermeister, an dem er ebenso teilnahm wie an dem des Koordinierungsausschusses eine Woche zuvor, ist der Beitritt offiziell. Die Mitgliederliste weist damit 37 Neustädte aus, darunter die beiden an der Waldnaab und am Kulm im Landkreis Neustadt/WN.
Aus einer einfachen Idee entsteht gelebte Völkerverständigung. Da stehe ich natürlich dahinter.
Von einem im ersten Moment verrückt anmutenden Grundgedanken hinter Neustadt in Europa spricht Bürgermeister Sebastian Dippold. „Wir treffen uns alle nur deswegen, weil wir aus Neustadt kommen. Aus so einer einfachen Idee entsteht gelebte Völkerverständigung mit Städten in Deutschland, den Niederlanden, Tschechien, der Slowakei, Polen und jetzt auch Rumänien. Da stehe ich natürlich dahinter.“
Und so will Dippold auch dabei sein, wenn es – hoffentlich – vom 25. bis 27. Juni 2021 in Neustadt in Holstein an der Ostsee zum 42. Treffen kommt. An der Nummerierung dieser Veranstaltungen werde man festhalten, auch wenn es dieses Jahr keine gab, sagt Schreyegg. „Wir werden im nächsten Jahr mit großer Mannschaft fahren“, kündigte Stadtrat und langjähriger Besucher der Neustadt-Treffen Heribert Schubert an. Dippold informierte, dass die Verantwortlichen der Stadt derzeit eine Unterkunft für die offizielle Delegation samt Bürgerwehr suchen.
So groß wie in den 1980ern und Anfang der 1990er Jahre wird die Delegation allerdings nicht werden. Während in den vergangenen Jahren meist ein zweistöckiger Reisebus die Oberpfälzer zum Freundschaftstreffen nach Neustadt an der Weinstraße (2017), ins polnische Nowe Miasto nad Pilicą (2018) und Bad Neustadt an der Saale (2019) brachte, waren 1989 rund 600 Neustädter nach Hessen und 1987 gar 1000 Ausflügler im Sonderzug nach Bad Neustadt an der Saale in die Rhön unterwegs.
Jetzt ist eines der damaligen Zuglaufschilder aufgetaucht. Der ehemalige Bezirkskaminkehrermeister Max Pöllmann, Urgestein der Bürgerwehr, habe das Schild vor kurzem auf dem Dachboden wiedergefunden, berichtet Schubert. Bei der Rückkehr habe er das Schild aus Plastik wohl aus der Halterung im Zug gehoben und nach Hause getragen. Mit dem Entwurf des Neustadt-in-Europa-Logos und einem für ein Ortsschild übergaben Schubert und Schreyegg das Stück an Stadtmuseum und -archiv.
Den Zug organisierte nach Schuberts Erinnerungen damals der Störnsteiner Heribert Kriechenbauer. Er arbeite immer noch bei der Bahn, heute als Bahnhofsmanager in Nürnberg. Der damals 32-Jährige Schubert erinnert sich an eine tolle Fahrt mit Gesellschaftswagen, in dem die Feuerwehr sogar Getränke ausgeschenkt habe. „Die ganze Stadt war unterwegs.“
Bis 1992 verkehrten insgesamt 26 Sonderzüge von Neustadt nach Neustadt und von Neustadt nach Neustadt. Nach Schreyeggs Berechnungen waren damit alles in allem 18 000 Neustädter auf Reisen. „Derzeit ist ein Sonderzug nicht bezahlbar“, bedauert er.
Ein Zug mit drei Lokomotiven
Zum Bürgerfest am 19. Juli 1987 kamen 960 Gäste per Sonderzug aus Neustadt an der Saale. Mit zwei Stunden Verspätung, aber drei Lokomotiven erreichten sie ihr Ziel. Nachdem die erste Lok einen Schaden hatte, spannte die Bahn unterwegs eine zweite vor den Zug, erinnert sich Schreyegg. Die markante V200 ging auf der Reise allerdings ebenfalls kaputt, so dass erneut eine Ersatzlokomotive vorgespannt werden musste. Durch die drei Loks vorneweg, reichten die Waggons im Bahnhof bis zur Waldnaabbrücke.
„Geht zum Abstempeln ins Wirtshaus, in Geschäfte oder an die Tankstelle“, rät Schreyegg allen, die den Neustadt-Pass im Reisegepäck haben. Das nichtamtliche Dokument gibt es in jedem Neustädter Rathaus und ist ein Symbol für den wirtschaftlichen und touristischen Nutzen, der auch mit hinter der Neustadt-Idee steht. Noch viel wichtiger sei es aber, die Nachbarn, deren Landschaften, Schönheiten und Geschichte kennenzulernen. „Dazu müssen wir uns besuchen, uns treffen, miteinander reden, miteinander feiern, miteinander diskutieren“, ist Schreyegg überzeugt. Nur so lerne man die Nachbarn kennen und schätzen. „So arbeiten die Neustädter mit an einem funktionierenden Europa.“
Wem das schmeckt, dem legt Schreyegg zusätzlich das Buch „Sterneküche“ ans Herz. In ihm hat die Arbeitsgemeinschaft regionale und internationale Rezepte gesammelt und mit Infos zu den einzelnen Neustädten gewürzt.
Gefangen im Rathaus
Hans Schreyegg war 172 Mal in einem Neustadt zu Besuch. 1989 erhielt er erstmals den Ehrentitel „Neustadt-Botschafter“. Meist bereist der freiheitsliebende ehemalige Geschäftsstellenleiter der Verwaltungsgemeinschaft Neustadt mit dem Wohnmobil die Namensvettern seiner Oberpfälzer Heimatstadt. Im kroatischen Novigrad war für ihn Schluss mit offenen Türen. Schreyegg war im Rathaus gefangen. Er ging von Zimmer zu Zimmer, die Büros waren verwaist. Schreyegg lief von Tür zu Tür immer auf der Suche nach einem offenen Ausgang und gelangte so auch ins Amtszimmer des Bürgermeisters. Das war ebenfalls leer. Der Neustädter hinterließ einen schriftlichen Gruß an den Rathauschef und fand schließlich doch noch einen unabgesperrten Nebeneingang ins Freie.
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